Full text: Fürst Bismarcks Lebenswerk.

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Während der ganzen Konfliktzeit dachte Herr von Bismarck- 
Schönhausen immer an die Gründung des Deutschen Reiches. 
Das war eine sehr schwierige Sache, einmal weil Osterreich 
nicht dabei bleiben durfte, da es mehr nichtdeutsche als deutsche 
Osterreicher gibt, und dann weil die Deutschen ein recht un— 
verträgliches Volk sind. Noch heutzutage gibt es Menschen, 
die garnichts vom Deutschen Reiche wissen wollen, die lieber 
ein unabhängiges Königreich Bayern oder Hannover haben 
möchten. Darum dachten auch die meisten Landesherrn, ihre 
Untertanen würden ihnen böse sein und weniger Achtung vor 
ihnen haben, wenn sie in einigen Dingen, statt selber zu be- 
fehlen, den Kaiser befehlen ließen, besonders im Heerwesen. 
Wenn es mit dem Deutschen Reiche etwas werden sollte, so 
mußte der König von Preußen das ganze Heer kommandieren, 
und das wollten die Landesherrn nicht gern zugestehn. Im 
deutschen Bunde, den es damals gab, ging es viel gemütlicher 
her; da hielt jeder Landesherr seine eigenen Soldaten, und 
wenn es Krieg geben sollte, dann schickte jeder eine bestimmte 
Anzahl Soldaten mit, die man sein Kontingent nannte; 
und dann wollte man einen Oberbefehlshaber wählen. Und 
wenn man damit glücklich zustande gekommen wäre und sich 
darüber geeinigt hätte, wo die Kontingente zusammenkommen 
sollten, dann hätte wahrscheinlich der Feind unterdessen ganz 
Deutschland besetzt. gehabt, sodaß man mit der Verteidigung 
weiter keine Mühe gehabt hätte. 
Und dann war noch etwas sehr Sonderbares im Deutschen 
Bunde. Der Kaiser von Osterreich war nicht der einzige, der 
Landesherr über deutsche und über nichtdeutsche Völker war. 
Der Großherzog von Luxemburg war zugleich König der Nieder- 
lande und der Herzog von Schleswig-Holstein zugleich König 
von Dänemark. Jeder dieser Landesherrn hatte also ein kleines 
Stück deutsches Land und ein größeres Stück nichtdeutsches Land 
unter sich; natürlich lag ihm da mehr an seinen nichtdeutschen
	        
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