Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

— 439 — 
gesetzbuches gedacht, welches im Jahre 1838 erschien. In jedem 
gebildeten Staate beschäftigt die Rechtsgelehrten und Staatsmänner 
hauptsächlich die Frage, wie man die Untersuchung der verübten Ver- 
brechen führen, und nach welchen Grundsätzen man sie bestrafen soll. 
Im genannten Jahre erschien in Sachsen ein neues Straf= oder 
Criminalrecht, welches diese wichtige Angelegenheit nach ganz neuen 
Grundsätzen ordnete; ein Gesetz, welches damals für so vorzüglich 
galt, daß man es in den sächsischen Herzogthümern, Koburg-Gotha 
ausgenommen, und in Schwarzburg-Sondershausen fast wörtlich 
annahm. 
Grundsteuersystem. Grund= und Hypothekengesetz. Die 
Besitzer von Gebäuden, Gärten, Feldern, Wiesen, Wäldern 2c. nennt 
man Grundstücksbesitzer. Schon in den ältesten Zeiten mußten diese 
von den Einnahmen, welche ihnen der Grund und Boden gewährte, 
einen Theil als Steuer an die Obrigkeit abgeben. Damals nahm 
man es nun freilich mit einer gerechten Vertheilung der Abgaben 
nicht sehr genau. In der neueren Zeit bildete sich das Rechtsgefühl 
in allen Schichten der Bevölkerung immer mehr aus. Gleichheit vor 
dem Gesetz und Gerechtigkeit in Aufbringung der Staatsabgaben 
waren Grundsätze, die immer mehr zur Geltung gelangten. Denkt 
man sich nun z. B. in einem Dorfe zwei Landwirthe, von denen einer 
genau so viel Grund und Boden besitzt, wie der andere, so könnte 
dennoch die größte Ungerechtigkeit eintreten, sobald beide gleichviel 
Steuern zahlen müßten, denn die Flurstücken des einen Besitzers 
könnten ihrer schlechten Lage wegen vielleicht nur halbsoviel Nutzen 
bringen, wie die des andern; oder mit anderen Worten: die Ertrags- 
fähigkeit der Felder beider Besitzer könnte eine ganz verschiedene 
sein. Derartige Ungleichheiten sind aber nicht blos denkbar, sondern 
sie kommen in den verschiedenen Gegenden des Landes wirklich vor. 
Um möglichen Ungerechtigkeiten vorzubeugen, mußte man die ganzen 
Verhältnisse genau prüfen und ordnen, und dies geschah 1843 so 
gründlich, wie es früher noch nie vorgenommen worden war. 
Zunächst veranstaltete man eine genaue Vermessung des ganzen 
Landes, dann der größeren Flächen und hierauf aller einzelnen Flur- 
stücken und trug den Umfang derselben für jeden einzelnen Besitzer 
in ein Besitzstandsverzeichniß ein, welches gewöhnlich Grundbuch 
genannt wird. Hierauf untersuchte man die Bodenbeschaffenheit, 
d. h. die Ertragsfähigkeit desselben. Endlich ermittelte man von den 
einzelnen Grundstücken im Durchschnitt die Höhe des Reinertrages. 
Letzterer wurde als Maßstab für die Höhe der Abgaben betrachtet, 
und zwar so, daß man nicht vom Thaler, sondern vom Zehn- 
neugroschenstück ausging. 
Kann z. B. der Landwirth A. von seinen Grundstücken jährlich 
1000 Thlr. (3000.2) Reinertrag einnehmen, so sind dies 3000 Zehn-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.