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daß die deutsche Friedensnote nichts weiter tut, als die Hand zum
Frieden anzubieten und von konkreten Vorschlägen abzusehen,
wird als ein „Ausweichen“ bezeichnet und werden dem Anbieten-
den unehrliche Absichten untergeschoben: „Beunruhigung der
Alliierten“, die indes die „Hohlheit der feindlichen Erklärung auf-
gedeckt“ haben, „Irreführung und Einschüchterung der öffentlichen
Meinung in den neutralen Ländern“. Schließlich wird dem An-
erbieten der Zentralmächte der Versuch angedichtet, „schon zum
voraus vor den Augen der Welt neue Verbrechen zu rechtferti-
gen: Tauchbootkampf, Zwangsarbeit und Zwangsrekrutierung von
Nationen gegen ihr eigenes Land und Verletzung neutraler Ge-
biete“.
Diese Musterkarte von hysterischen Beschimpfungen, Verleum-
dungen, hetzerischen Wendungen und herabwürdigenden Redensarten
verdient in der Tat sehr ernst genommen zu werden, denn sie zeigt
ein trauriges Bild von dem psychischen Zustande der Leute, die
zurzeit den Gegner im internationalen Verkehre zu vertreten haben,
‚sie zeigt diesen Zustand als den, der er zurzeit wirklich ist: als
den Zustand subjektiver Zurechnungs- und Verhandlungsunfähig-
keit.
Während des Kampfes sich gegenseitig zu beschimpfen, gilt
in Ländern, in denen auch die Ehre als Gegenstand des Kampfes
ein geachteter Wert ist, als schimpflich. Es war deshalb richtig,
daß die deutsche Note an die Neutralen sich der Zurückgabe der
Beschimpfungen völlig enthielt und in Form und Sache gleichen
Anstand wahrte. Die wahren Motive dieser einen hohen Grad von
Wut und sittlicher Ungebundenheit verratenden feindlichen Aus-
fälle sind nur zu leicht erkennbar. Die Zentralmächte, die ihr
Ziel, die Verteidigung ihres Bestandes erreicht haben, können in
Ruhe und guter Form den Schritt zur friedlichen Beendigung des
Kampfes tun, die führenden Mächte des Zehnverbandes, die ihre
Kriegsziele nieht erreicht haben, befinden sich in einer schwieri-
geren Lage. Das ist ihnen ohne weiteres zuzugestehen. Daß sie
selbst den Krieg, dessen laut verkündigte Ziele nicht erreicht wur-