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ablehnen werde? oder weil er für diesen Fall die Verantwortung
für das fernere Wüten des Krieges von sich abweist ?
Darf der zum Frieden Bereite nicht hinweisen darauf, wen
die Verantwortung trifft, wenn er beim Gegner die erwartete und
gesuchte Bereitschaft nicht findet ?
Ein Schlüssel zu dem mehr als seltsamen Betragen Englands
bietet sich in folgendem. Dieser Krieg hat wie keiner je gelehrt,
wie viel Wert Kriegführende auf das Urteil „der Welt“ — um
mich der englischen Formel zu bedienen — der neutralen und
nichtneutralen Welt der Zuschauer, der ohne Waffen Mithandeln- |
den und Mitleidenden legen. Sie tun darin recht. Jeder Krieg
ist eine Menschheitssache, selbst wenn seine Wogen in engen
Ufern branden. Dieser Krieg ist eine Menschheitssache im aller-
weitesten und tiefsten Sinn. Er geht nicht nur aus der ihn füh-
renden Generation hervor, seine Quellen gehen. weit zurück und
er geht auch nicht nur diese und etwa die nächste Generation
an, sondern er gestaltet und berührt Geschicke, die noch in Jahr-
hunderten fühlbar bleiben werden. Künftige Geschlechter werden die
Richter sein, wir alle sind es nicht, aber jeder Kriegführende hat
das Bedürfnis, durch die Meinung der Gegenwart auch auf den
Richter der Zukunft zu wirken. Da ist es nun sehr bezeichnend,
welche Kreise eine kriegführende Macht sich aüswählt, um auf
sie besonders stark zu ihren Gunsten zu wirken. Wer laut schreit
und der Beschimpfungen bedarf, um zu wirken, der stellt sich
ein zwar breites aber nicht tiefes Publikum für seine Sache vor,
er hascht nach dem Effekt des Tages und findet — vielleicht eine
Menge für sich. Aber die Tieferen, die nach Gründen fragen und
durch Gründe hindurchblicken, die Menschen mit den stillen Au-
gen und den starken Herzen, die findet er nicht. Ich zweifle
nicht, daß selbst in England und daß selbst jetzt dort Menschen
leben, auf deren Sinn diese Note, dieses Brandmal der Kriegs-
furie, dieses Prachtexemplar einer wutschnaubenden Verleumdungs-
schrift abstoßend gewirkt hat, abstoßend gerade durch ihre fried-
lose, häßliche Gesinnung und Ausdrucksweise.