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So war es auch unklug, sich also auszulassen. Ueberall, ın
Parlament, Presse, Volksversammlung, auf der Straße, im Gesell-
schaftsraum — überall mochte man sich so äußern, aber nur ge-
rade nicht in der Antwortnote auf die deutsche Friedensnote. In
diesem Austausch lag etwas, eine Gelegenheit, ein Schicksalsruf,
was noch nicht war und auch nicht wiederkommt. Ueber den
Friedensruf nach 2!/; Jahren solchen Krieges durfte man nicht
mit so schmutzigen Stiefeln hinwegtappen, wie England es getan
mit seinen 9 Verbündeten. Mochte man denken über den Feind,
wie man wollte, mochte man sich den Frieden wünschen wie immer,
den Sieg, die volle Vernichtung des Feindes — ganz gleich, nach
2'/; Jahren solchen Krieges mußte die Antwort auf ein Friedens-
angebot anders lauten, wenn man noch Anspruch erheben will,
von den Lauteren und Gerechten dieser Welt gehört zu werden.
Völlige Verblendung des Gegners verrät auch die so stark
betonte Kritik der Gehaltlosigkeit der deutschen Note. Die deutsche
Note stellte als Einleitung ihres Anerbietens in Kürze die Kriegs-
lage fest und beschränkte sich dann auf das Angebot des Frie-
dens ohne Vorschläge zu machen. In der feindlichen Note wird,
wie begreiflich, die Kriegslage anders beurteilt. Darüber ist nicht
zu rechten. Niemand erwartete etwa eine Einleitung der Antwort-
note: da wir anerkennen, besiegt zu sein usw. Die Gegner wer-
den ihre Kriegslage immer verschieden beurteilen, und selbst wenn
sie dieselbe gleich beurteilen, werden sie es verschieden zum Aus-
druck bringen. Das wird sich bis in die Geschichtsbücher nach
Jahrhunderten fortsetzen. Wenn also die englische Note im
Gegensatze zur deutschen, welche die jüngsten Ereignisse in Ru-
mänien in den Vordergrund setzte, die europäische Kriegskarte
als ein täuschendes, äußerliches und vorübergehendes Bild der
Situation bezeichnet und damit unter anderem auch an seine und
Japans Erfolge in den deutschen Kolonien hinweisen will, so ist
dies begreiflich und wäre damit sogar der Weg angedeutet, auf
welchem Verhandlungen beginnen könnten. Aber die Note verläßt
diesen Weg sogleich wieder, knüpft an sie Betrachtungen über