Full text: Das Friedensangebot der Mittelmächte.

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Wem es ernst ist mit der Förderung des Völkerrechtes, der 
kann nur dem Vorschlag des Präsidenten Wilson, dem auch die 
deutsche und die österreichisch-ungarische Note zugestimmt haben, 
sich anschließen, daß nämlich die Erörterung der Fragen des 
Völkerrechtes aus den eigentlichen Friedensverhandlungen auszu- 
scheiden und besonderen Beratungen nach Friedensschluß vorzu- 
behalten seien. Zu diesem Gedanken führen folgende Erwägungen. 
Keine Gesetzgebung setzt einen solchen Grad von Objektivität 
voraus, wie die Erfindung von Normen des Völkerrechtes, denn 
keine Rechtsnorm geht so nahe an die höchsten Lebensinteressen 
der Staaten heran wie die völkerrechtliche. Nirgends ist daher 
die Gefahr größer, daß die zu den Friedensverhandlungen allseits 
mitgebrachte Absicht, den Frieden wirklich zu schaffen, wieder 
vereitelt werde, als wenn etwa vor Erledigung aller unmittelbaren 
Fragen der Gebietsgestaltung, Entschädigungen, Herstellungen 
usw. Erörterungen über solche Normen stattfinden sollten, über 
deren Bestand, Grenzen, Verletzungen usw. man sich im Kriege 
so erbitterte Vorhalte gemacht hat. Es ist zu erwarten, wenn 
solche Verquickung nicht vermieden wird, daß alsbald nicht mehr 
der Geist des Friedens, sondern derjenige der höchsten Erbitterung 
über den Verhandlungen walten werde. So wenig Friedensver- 
handlungen der Ort und die Gelegenheit sind, wo man sich über 
die Fragen des Ursprunges und der Schuld am Kriege auseinander- 
zusetzen hat, so wenig ist hier der geeignete Zeitpunkt zur Aut- 
stellung eines völkerrechtlichen Gesetzbuches, will man nicht Ver- 
handlungen heraufbeschwören, die sich über Jahrzehnte ausdehnen, 
und in dieser Zeit vielleicht noch mehrmals durch Waffengänge 
unterbrochen würden. Nur die Fragen, welche Staaten herzustellen 
und wie die Garantien des Bestandes zu gestalten sind, die Ge- 
biets- und Grenzregulierungen, die Entschädigungen, die Gebiets- 
räumungen und Gefangenenrückgabe und was sonst an Abmachun- 
gen nötig ist, um alle Beteiligten sozusagen aus den Schlingen 
und Fesseln des Krieges wieder herauszuziehen, sollte in die Ver- 
handlungen und Traktate des Friedens hereingenommen werden.
	        
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