§ 36. Das Königreich Bayern. Einleitung. 129
Joseph von Bayern den Königstitel an und in der königlichen
Proklamation vom 1. Jannar 1806 wurde dem bayerischen Lande
verkündet, daß „der bayerische Staat sich zu seiner ursprünglichen
Würde emporgehoben habe“.2)
Diese Erhöhung des bayerischen Kurfürsten zum souveränen
König blieb auch nicht ohne Einfluß auf die innere Verfassung; sie
war das Grab der damaligen landständischen Verfassung. Am
25. Mai 1808 wurde „die Konstitution für das Königreich Bayern
vom 1. Mai 1808“ publiziert,) welche am 1. Oktober desselben
Jahres zur Einführung gelangen sollte. Nach derselben wurde eine
„Nationalrepräsentation“ zur Vertretung des ganzen Königreiches ein-
gesetzt; überall im Staate sollte nach gleichen Gesetzen Recht ge-
sprochen, nach gleichen Grundsätzen verwaltet und überall sollten
gleiche Steuern erhoben werden 2c. 2c.
Die erwähnte Landesvertretung ist aber niemals ins Leben ge-
rufen worden, auch im Uebrigen genügte die Konstitution von 1808
den Bedürfnissen und den Wünschen im Lande in keiner Weise. Doch
ruhte angesichts der kriegerischen Lage der damaligen Zeit jede des-
bezügliche gesetzgeberische Thätigkeit bis zu dem im Jahre 1814 er-
folgten Sturze Napoleons.
Schon im September 1814 erging eine Anordnung des
Königs auf Durchsicht der mehrgenannten Konstitution von 1808
unter gleichzeitiger Einsetzung eines sogenannten Revisionsausschusses,
welcher seine Arbeit nach den ihm vom Könige gewordenen Direk-
tiven im Januar 1815 vollendete. Dieser erste Entwurf wurde von
dem damaligen Kronprinzen Ludwig (späteren König Ludwig I.)
eigenhändig mit eingehenden Bemerkungen versehen, welche den König
veranlaßten, den Entwurf mit diesen Bemerkungen nochmals der Re-
visionskommission zur „Revision und Diskussion“ unter Berücksich-
tigung dieser Bemerkungen zu übergeben. Nach zirka zweijähriger
Pause wurde Anfangs 1818 die Frage über die Weiterführung
der Verfassungsverhandlungen vom Könige wieder in den Vorder-
grund geschoben. Die diesbezüglichen Beratungen wurden nun von
einer aus den Ministern und aus Staatsräten bestehenden Kom-
mission am 26. Februar 1818 begonnen. In 30 Sitzungen wurden
die betreffenden Verhandlungen durchgeführt. In der letzten (30.)
Sitzung vom 22. Mai 1818 führte der König selbst den Vorsitz, sauch
waren die beiden Prinzen Ludwig (Kronprinz) und Karl zugegent,
und erteilte den 10 Titeln der Verfassung durch Unterschrift des
Protokolles die königliche Sanktion.")
") Reg.-Bl. 1806 S. 3. Web. 1, 111.
*) Web. 1, 160 ff.
1) Seyd. 1, 104.
Pohl, Handbuch. I. 9