Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

138 § 38. Die Thronfolge. 
Wächter der Verfassung auch das Recht haben muß, über 
die kgl. Familie entsprechende Gewalt auszuüben. 
Diese Familiengewalt ist im Tit. 1 §2 des Familienstatuts noch 
ganz ausdrücklich begründet worden. 
Demgemäß steht nach Tit. IV des Fam.-Statuts dem Könige 
die Befugnis zu, Einsicht von der Erziehung aller Prinzen und Prin- 
zessinnen seines Hauses zu nehmen und darf sich kein Prinz und 
keine Prinzessin des kgl. Hauses ohne ausdrückliche Genehmigung in 
einen fremden Staat begeben. 
Ueberhaupt steht nach Tit. 1V § 3 l. c. dem Monarchen zu, alle 
zur Erhaltung der Ruhe, Ehre, Ordnung und Wohlfahrt des kgl. 
Hauses dienlichen Maßregeln zu ergreifen. — Auch darf kein bayer. 
Prinz und keine bayer. Prinzessin gemäß Tit. II § 1 I. c. eine ehe- 
liche Verbindung eingehen, ohne dazu vorher die Einwilligung des 
Königs erhalten zu haben. 
§ 38. 
Die Thronfolge. uu) 
Nach § 2 Tit. II der Verf.-Urk. ist die Krone d. h. die Herr- 
schaft über den Staat erblich in dem Mannsstamme des königl. Hauses 
Wittelsbach nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen 
Erbfolge. 
Zur Surccessionsfähigkeit wird eine rechtmäßige Geburt aus 
einer ebenbürtigen — mit Bewilligung des Königs geschlossenen Ehe 
erfordert. Die Thronfolge ist eine ordentliche oder eine außerordent- 
liche. Unter der ordentlichen Thronfolge versteht man die vorstehend 
bezeichnete Succession eines aus einer ebenbürtigen rechtmäßigen mit 
Bewilligung des Königs geschlossenen Ehe stammenden Agnaten nach 
§8 2 und 3 des Tit. II der Verf.-Urkunde. 
Dagegen die außerordentliche Thronfolge ist die nach 88 4 bis 6 
des Tit. II der Verf.-Urkunde vorgesehene Nachfolge nach gänzlicher 
Erlöschung des Mannsstammes entweder auf Grund einer für diesen 
Fall mit einem anderen fürstlichen Hause geschlossenen Erbverbrüder- 
ung oder die Nachfolge der weiblichen Linie, der Cognaten, welch'' 
letztere dann eintritt, wenn auch der Fall einer Erbverbrüderung nicht 
gegeben ist. Letzteres ist z. Z. in Bayern der Fall, d. h. eine Erb- 
verbrüderung besteht gegenwärtig nicht. 
  
  
Tit. I. § 2. Alle Glieder des kgl. Hauses sind der Hoheit und Gerichtsbarkeit 
des Monarchen untergeben und er übt als Haupt des Hauses eine besondere 
Aufsicht mit bestimmten Rechten über sie aus. 
Tit. I. § 3. Diese Rechte sind während der Minderjährigkeit des Königs oder 
während der Dauer seiner Verhinderung in Ausübung der Regierung dem Reichs- 
verweser übertragen. 
) Seyd. 1, 188 ff. Pözl, Verf. 88 139—144, S. 368 ff.
	        
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