§ 3. Das Verhältnis des Reichs zu den Einzelstaaten. 7
I) Mitgliederrechte, welche
a. je dem Mitgliede, d. h. jedem Staate des Bundes
zustehen, welchem aber wieder gewisse Mitgliedspflichten
entsprechen und
b. Sonderrechte einzelner Bundesmitglieder.
Direkt unberührt durch die Stellung in und zum Reiche sind
agegen
II) die Rechte der Bundesstaaten als Einzelner, d. h.
die Rechte, welche den Einzelstaaten an sich ohne Rücksicht
auf ihre Angehörigkeit zum Reiche zustehen und bezüglich
deren sie auch weder der Gesetzgebung noch der Aussicht des
Reiches unterworfen sind.
ad la. Zu den allgemeinen Mitgliedsrechten jedes Staates,
der Mitglied des Bundes ist, gehört vor Allem der durch die Ein-
gangsworte zur Reichsverfassung gewährleistete Anspruch auf den
Schutz des Bundesgebietes — also auch des Gebietes eines jeden
Bundesstaates — gegen Rechtsverletzungen jeder Art, sowohl
Seitens des Auslandes, als Seitens anderer Bundesstaaten; ferner
der Anspruch, daß Seitens des Reiches das innerhalb des Reichs-
gebietes giltige Recht geschützt und die ihm obliegende Pflege der
Wohlfahrt des Deutschen Reiches und Volkes in allen zum Reiche
gehörigen Teilen gleichmäßig geübt und bezw. gewährt werde.
Außerdem stehen jedem Einzelstaate noch folgende Rechte zu:
Anspruch auf die nach Art. 6 der Reichsverfassung ihm zu-
stehende Zahl von Stimmen im Bundesrat, Anspruch auf die von
der Verfassung gewährleistete verhältnismäßige Vertretung seiner Be-
völkerung im Reichstage, ferner das Recht, daß seine Angehörigen in
gleicher Weise und unter den gleichen Bedingungen wie diejenigen der
anderen Staaten des Deutschen Reiches zu Reichsämtern berufen
werden.
Diesen Rechten stehen als allgemeine Pflichten entgegen:
Die Verbindlichkeit eines jeden Einzelstaates zur gleichmäßigen Trag-
ung der militärischen Lasten des Reiches (Art. 58, Reichsverfassung),
sowie zur Bestreitung der gemeinschaftlichen Ansgaben — soweit diese
nicht durch andere Reichseinnahmen gedeckt werden — durch Beiträge
nach Maßgabe ihrer Bevölkerung (sog. Matrikular-Beiträge, Art. 70 l. c.).
ad Ib. Von den sog. Sonderrechten einzelner Mitglieder
des Reiches kommen für uns hier nur die dem Königreiche Bayern
zustehenden in Betracht: Diese Sonderrechte oder Reservatrechte
können insofern als Beschränkungen der Zuständigkeit des Reiches er-
achtet werden, als einzelnen Staaten „Rechte besonders vorbehalten
bleiben (reserviert) werden“, welche in Bezug auf die übrigen nicht
solcher Art besonders behandelten Einzelstaaten durch die Verfassung
dem Reiche mit übertragen sind 3|).
*“) efr. Lab. 1, 102 f.