8 45a. Ges. üb. d. Erwerbung u. den Verlust d. Bundes- u. Staatsangehörigkeit. 191
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Die Aufnahme-Urkunde wird 20) jedem Angehörigen eines an-
deren Bundesstaates erteilt, welcher um dieselbe nachsucht oder nach-
weist, daß er in dem Bundesstaate, in welchem er die Aufnahme nach-
sucht, sich niedergelassen 21) habe, sofern kein Grund vorliegt, welcher
nach den §§ 2—5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. Novem-
ber 1867 (Bundesgesetzbl. S. 55) die Abweisung eines Neuanziehen-
den oder die Versagung der Fortsetzung des Aufenthalts recht-
fertigt. 22) 223)
angehörigkeit, sowie Min.-E. vom 9. Mai 1871 (Web. 9, 6 f.) Die Instruktion
der diesbezüglichen Gesuche erfolgt durch die Distriktsverwaltungsbehörden, die
Ausfertigung der Aufnahms= bezw. Naturalisationsurkunden durch die kgl. Kreis-
regierung, K. d. J., und wird mit dem Momente der Aushändigung derselben
an den Empfänger resp. Gesuchsteller die Staatsangehörigkeit auch dann verliehen,
wenn die Ausfertigung der Urkunde auf Grund Irrtums oder unter unrichtiger
Anwendung des Gesetzes erfolgt wäre. Ueber Zuständigkeit s. S. 180 f.
Vgl. zu § 6 den Art. 14 der rechtsrheinischen Gemeindeordnung und Art.
* bayer. Heimatgesetzes; auch Anm. 22a und 34 bis 36 zu §§ 7 und 10
es Ges.
20) Soferne die Bedingungen des § 7 l. c. erfüllt resp. die Voraussetzungen
desselben gegeben sind, darf die Aufnahme keinem Deutschen verweigert
werden. (Vgl. Art. 3 Abs. 1 der Reichs-Verf., ferner Z. 4 a der cit. Min.-E.
vom 9. Mai 1871.) Weitere erschwerende Bedingungen dürfen für Deutsche nicht
gestellt werden. Dagegen ist es den einzelnen Bundesstaaten wohl gestattet, noch
weitere Erleichterungen bei der Aufnahme von Reichsangehörigen zu ge-
währen (vgl. Cahn 55 und 57; so kann z. B. eine Aufnahmsurkunde erteilt
werden, ohne daß der Nachsuchende sich in Bayern wirklich niedergelassen hat. Es
darf eben vom betreffenden Bundesstaate nicht mehr, als im § 7 bestimmt,
gefordert, es kann aber sich mit weniger begnügt werden, soweit es sich um
Aufuahme handelt; dagegen darf auf keine der Bedingungen des § 8 ver
zichtet werden, es kann vielmehr im Falle des § 8 von dem die Naturalisation
gewährenden Staate noch mehr verlangt werden, weil eben § 8 nur das Mini-
mum, dapegen Fr# has Maximum der betreffenden Erfordernisse aufstellt.
Lab. 1, 150.
3 Für die Auffassung des Begriffes der „Niederlassung“ im Sinne dieser
Bestimmung ist von Interesse die Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 15. Juni
1882 Bd. IV, 91: Der Begriff „Niederlassung“ im Sinne des Reichsgesetzes vom
1. Juni 1870 erfordert nur den Besitz einer eigenen Wohnung oder eines be-
stimmten Unterkommens, verbunden mit der erklärten Absicht, dauernden Auf-
enthalt in der Wohngemeinde zu nehmen, keineswegs aber den Heimaterwerb. —
S. auch Riedel, Comm. S. 258, welcher noch beifügt: „dagegen ist der Besitz eines
eigenen Haushaltes oder Geschäftes zur Substanzierung des Ausdruckes „Nieder-
lassung“ im Sinne des § 7 nicht erforderlich. Es können demgemäß auch Ge-
werbsgehilfen, Dienstboten 2c., welche in der Gemeinde ein Unterkommen ge-
funden haben, die Aufnahme beanspruchen.
S. auch Seyd. 1, 277: ferner Reg. 3, 331; 12, 327 und 416 und 13,
318 über den Begriff der „Niederlassung“ im Sinne des Staatsangehörigkeits-
Gesetzes.
22) Als Basis, auf welcher die Verleihung der Staatsangehörigkeit in einem
deutschen Bundesstaate an einen Deutschen gegründet ist, erscheint einerseits das
durch Art. 3 der Reichs-Verf. geschaffene allgemeine deutsche Indigenat und
andrerseits die Freizügigkeit im ganzen deutschen Reiche, wie sie das Gesetz vom
1. November 1867 jedem Reichsangehörigen garantiert.