Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

198 8 45a. Ges. üb. d. Erwerbung u. den Verlust d. Bundes= u. Staatsangehörigkeit. 
10. 
Die Naturalisations-Urkunde, beziehungsweise Aufnahme-Urkunde, 
begründet mit dem Zeitpunkte der Aushändigung 34) alle mit der 
Staatsangehörigkeit verbundenen Rechte und Pflichten. 35) 36) 37) 38) 
welchem sie die Verleihung der Staatsangehörigkeit nachsuchen, die Naturalisation 
nicht verweigert werden. 
Die näheren Ausführungen über dieses Gesetz siehe Cahn S. 101 ff. 
Vergl. noch Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 (Web. 9, 718 ff.) 
§ 4, 54 und 66; über die Form der Anstellung im Reichsdienste inkl. Marine 
Eie S. 100 Ziff. 21 und den kgl. Erlaß vom 23. November 1874 (Web. 10, 
). 
34) Entscheidend ist also der Zeitpunkt, mit welchem der Beteiligte diese 
Urkunde faktisch in die Hände bekommt, nicht derjenige, zu welchem sie ausgestellt 
oder zur Post gegeben worden ist. Ueber die Aushändigung ist seitens der die- 
selbe bethätigenden Behörde ein kurzes Protokoll, in welchem diese Hinausgabe an 
den Beteiligten konstatiert wird, zu errichten und als Aushändigungs= bezw. 
Empfangsnachweis zu den Akten zu nehmen. Die Aushändigung an nicht dis- 
positionsfähige Personen hat für dieselben an den gesetzlichen Vertreter (Vater, 
Vormund 2c.) zu erfolgen. 
559) Diese rechtlichen Wirkungen haben die genannten Urkunden auch dann, 
wenn sie auf Grund unrichtiger oder irrtümlicher Voraussetzungen oder infolge 
unrichtiger Anwendung des Gesetzes ausgestellt sind. 
(Siehe hiezu den Fall aus der Praxis bei Cahn S. 84.) 
Diese Urkunden sind also reine Formalurkunden, deren rechtliche Kraft 
lediglich von der Thatsache ihrer Ausstellung und ihrer Aushändigung abhängt. 
Sie können daher nicht widerrufen, ihre Ausfertigung auch nicht mit Be- 
schwerde angefochten werden. 
Gegen die Verweigerung steht dagegen die Beschwerde offen und zwar 
gegen die Verweigerung der Aufnahmsurkunde (§F7) — da einem Deutschen, 
welcher die gesetzlichen Bedingungen erfüllt hat, ein durch Gesetz garantiertes 
Recht auf die Aufnahme zusteht (vergl. Aum. 20) —, die verwaltungsrechtliche, 
über welche in letzter Instanz der Verwaltungsgerichtshof entscheidet; dagegen 
bezüglich der Versagung der Naturalisationsurkunde — da der Ausländer 
kein Recht auf letztere hat, ihre Gewährung vielmehr dem freien Ermessen 
der kgl. Regierung anheimgegeben ist (vergl. Anm. 20 a. E. und 27) — die Be- 
schwerde zum kgl. Staatsministerium des Innern, welches solchen Falles als 
oberste Verwaltungsstelle in letzter Instanz entscheidet. Vergl. auch Anm. 40. 
Das vorstehend in Aum. 34 und 35 Gesagte gilt in entsprechender Weise 
auch von Anstellungs-Renaturalisations= und Wiederaufnahms-Urkunden. 
Siehe auch die Anm. 37. 
36) Reg 14, 412: Frrige Ausstellung einer Aufnahms= (statt Naturali- 
sations-Urkunde, Aushändigung der erteilten Urkunde als rechtserzeugender 
Formalakt; keine Annullierung solcher Urkunden wegen Irrtum. 
39) Die mit der Staatsangehörigkeit als solcher verbundenen Rechte und 
Pflichten treten mit dem Momente der Aufnahme oder bezw. Naturalisation ein, 
d. h. aber nur diejenigen, welche (nach dem Wortlaut der Motive zu § 10 des 
Gesetzes) „den staatsrechtlichen Begriff des Indigenats ausmachen und deshalb 
jedem Staatsangehörigen ohne Unterschied des Alters, Geschlechts rc. zustehen.“ 
Dagegen ist bezüglich der Ausübung anderer Rechte, welche auch für den ge- 
borenen Inländer nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen, z. B. des Wahl- 
rechtes, selbstverständlich auch das Vorhandensein dieser besonderen Voraussetzungen 
erforderlich. 
Gleichgiltig für die Wirkung des § 10 ist, ob der Einwandernde sein
	        
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