§l45a. Ges. üb. d. Erwerbung u. den Verlust d. Bundes- u. Staatsangehörigkeit. 215
verlieren 92) dadurch ihre Staatsangehörigkeit. 3) Die vorbezeichnete
Frist wird von dem Zeitpunkte des Austritts aus dem Bundes-
gebiete 383) oder wenn der Austretende sich im Besitz eines Reise-
papieres 94) oder Heimatscheines 4) befindet, von dem Zeitpunkte des
Dieser Anschauung gegenüber, welcher sich auch das Reichsamt des Innern
angeschlossen hat (Reg. 15, 88, 3, 71 f.), hat nun das Reichsgericht 3.
Strafsen. mit Urteil vom 4. Februar 1895 (Reg. 15, 201 ff.) ausgesprochen, daß
der Verlust der Reichsangehörigkeit durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande
eintritt ohne Rücksicht auf Minder jährigkeit 2c.: Die einfache That-
sache eines ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthaltes im
Auslande bewirkt Verlust des Indigenates, ohne Rücksicht da-
rauf, ob der sich im Auslande Aufhaltende handlungsfähig ist
oder nicht, ob er sich dort niederläßt oder nicht, oder wie sonst
der fragliche Aufenthalt beschaffen ist. "
Die hier in Betracht kommende juristische Thatsache des Aufenthaltes im
Auslande ist eben rein objektiver Natur. Die Verjährung des § 21 setzt lediglich
den faktischen Ablauf eines gewissen Zeitraumes — ohne die Fassung oder Be-
thätigung irgend eines Willens seitens der Beteiligten — voraus, erfordert daher
auch nicht die Willens= oder Handlungsfähigkeit desjenigen, gegen den sie läuft.
Eines positiven Willensaktes, nämlich der Eintragung in die Matrikel
des deutschen Konsulates (uvgl. Anm. 96 und 97) bedarf es nur, um die Verjähr-
ns zu unterbrechen, den Verlust des deutschen Indigenates nicht eintreten
u lassen.
Für die bayer. Praxis wird die obengenannte Min.-E. vom 1. August
1883 desgl. die bisherige Auffassung des kgl. Verw.-Ger.-Hofes maßgebend sein,
so lange erstere nicht geändert sein, resp. letzterer nicht durch ein Plenarerkenntnis
die Anschauung des Reichsgerichts acceptiert haben wird.
Vgl. auch für die reichsgerichtliche Ansicht: Seydel, bayer. Staatsrecht
2. Aufl. Bd. 1, S. 289 nebst Anm. 53, auch S. 291 nebst Anm. 59; ferner
Laband 1, 156 Anm. 6. Vgl. auch oben Anm. 89.
*)Der Verlust tritt eo ipso, ohne weitere Erklärung oder Verfügun
mit dem Tage des Ablaufs des 1. n“ nach dem Tage bes Erkeinen *
Reich sgebietes (inkl. Elsaß-Lothringens und der Schutzgebiete, welche letztere im
Sinne des § 21 des Ges. auch zum Reichsgebiet gehören, s. Anm. 88) ein.
Hieher s. auch Reg. 4, 91: Kein Verlust der Staatsangehörigkeit für im
Auslande stationierte Beamte eines Bundesstaates.
*7") Ihre Staatsangehörigkeit ist solchen Falles nicht blos ihre eigene,
sondern auch diejenige der in Abf. I, genannten Familienangehörigen. Denn
dieser Verlust nach § 21 Abs. I erscheint nicht als Strafe, sondern als einfache
Folge des Gesetzes, welche diese Familienangehörigen von selbst mitergreift.
Letztere verlieren diese Staatsangehörigkeit aus dem einzigen Grunde, weil
der Vater bezw. Ehemann sie kraft des Gesetzes verliert.
Ueber die Abänderung des § 21 Abs. 2 siehe unten Anm. 101 a.
"4) Reisepapier im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist nur eine nach § 7
des Gesetzes vom 12. Oktober 1867 über das Paßwesen (Web. 7, 101) und
Min.-E. vom 9. Mai 1871 Ziff. 1II—V. (Web. 9, 3 f.) ausgestellte Urkunde:
a. Paßkarte oder b. eigentl. Reisepaß, nicht aber Militärpaß oder Dienst-
oder Arbeitsbuch. ·
Vgl. Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 23. Juni 1890 Bd. 12, 238:
Unter „Reisepapier“ im Sinne des § 21 Abs. 1 des Reichsges. vom 1. Juni
1870 ist nur eine nach Maßgabe des Reichsges. vom 12. Oktober 1867 über das
Paßwesen von der zuständigen Staatsbehörde in der vorschriftsmäßigen Form und
auf die festgesetzte Dauer ausgestellte Reiseurkunde (Paß oder Paßkarte) zu ver-
stehen. Ein „Dienstbotenbuch“ ersetzt diese Urkunde nicht, ferner Entsch, des Verw.=