Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

8 47. Ehrenauszeichnungen. Orden. 227 
Das in Bayern durch Reichsgesetz vom 22. April 1871 ein- 
geführte Reichsgesetz vom 3. Juli 1869“) „die Gleichberechtigung 
der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung" 
spricht den Grundsatz aus: daß alle noch bestehenden aus der Ver- 
schiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen 
der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aufgehoben sind. Selbst- 
verständlich bezieht sich dieser Grundsatz nicht auf die Verhältnisse 
der Religionsgesellschaften, da ja überhaupt das Reich zur Regelung 
derselben nicht zuständig ist, sondern lediglich auf die rechtliche Stell- 
ung jeder Einzelperson in bezug auf sein religiöses Bekenntnis. 
Andrerseits gibt es aber in Bayern noch rechtlich Bevorzugte. 
Eine derartige begünstigte Stellung nimmt in gewisser Beziehung auch 
zur Zeit noch der Adel ein. Den Gegensatz zum Adel bilden aber 
nicht die Bürgerlichen, sondern die Nichtadeligen, denn der Adel ist 
wie Dr. Seydel richtig sagt (Seyd. 1, 306) kein „Stand“, er ist 
vielmehr grundsätzlich den öffentlichen Auszeichnungen zuzurechnen; 
er hat seinen Ursprung aus Ehrenverleihungen genommen. — 
§ 47. 
II. Ehrenauszeichnungen. Orden. 
Die Verleihung staatlicher Ehrenauszeichnungen steht dem Könige 
zu; außerdem ist einerseits den Gemeinden durch Gesetz die Befugnis 
zuerkannt, volljährigen und selbständigen Männern das Ehrenbürger- 
recht zu verleihen (Art. 24 der Gem.-Ordn.), sowie andrerseits den Uni- 
versitäten die Berechtigung erteilt, akademische Ehrenrechte zu gewähren. 
Die vom Könige verliehenen Ehrenauszeichnungen sind: Würden, 
Titel, Orden und Ehrenzeichen. 
Nach § 360 Ziff. 8 des Reichs-Str.-Ges.-B. wird mit Geld 
bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen bestraft, wer 
unbefugt einen Orden oder ein Ehrenzeichen trägt, oder Titel, 1) 
Würden oder Adelsprädikat annimmt. Nach § 39 der Form.-Verordn. 
vom 9. Dezember 1825 (Web. 2, 266) gehören die Ordenssachen 
zum Wirkungskreis des kgl. Staatsministeriums des kgl. Hauses und 
des Aeußern. Doch können von jedem Staatsministerium Anträge 
auf Ordensverleihungen gestellt werden und sind schon durch § 78 
der cit. Form.-Verordn. (Web. 2, 271) als zum Wirkungskreis des 
Ministeriums des Innern (sjetzt die beiden Ministerien des Innern) 
bezeichnet „die Anträge auf Belohnungen und Auszeichnungen der bei 
dem inneren Dienste angestellten Beamten, sowie auch anderer Unter- 
thanen, die sich um die bffentliche innere Wohlfahrt besonders ver- 
dient gemacht haben.“ Durch Min.-E. vom 7. Dezember 1825 
  
  
  
*“) Web. 8, 218; Bamb. 11, 160. 
5 Es sind dies sowohl Amts= als Ehren-Titel, überhaupt alle Prädikate, 
welche vom Könige zur Bezeichnung einer Amts-, Rang= oder sonst bevorzugten 
Stellung verliehen werden. Die unbefugte Führung von ärztlichen Titeln fällt 
unter die Strafbestimmung des § 147 Abs. I Ziff. 3 der Reichsgew.-Ordn. 
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