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Das in Bayern durch Reichsgesetz vom 22. April 1871 ein-
geführte Reichsgesetz vom 3. Juli 1869“) „die Gleichberechtigung
der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung"
spricht den Grundsatz aus: daß alle noch bestehenden aus der Ver-
schiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen
der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aufgehoben sind. Selbst-
verständlich bezieht sich dieser Grundsatz nicht auf die Verhältnisse
der Religionsgesellschaften, da ja überhaupt das Reich zur Regelung
derselben nicht zuständig ist, sondern lediglich auf die rechtliche Stell-
ung jeder Einzelperson in bezug auf sein religiöses Bekenntnis.
Andrerseits gibt es aber in Bayern noch rechtlich Bevorzugte.
Eine derartige begünstigte Stellung nimmt in gewisser Beziehung auch
zur Zeit noch der Adel ein. Den Gegensatz zum Adel bilden aber
nicht die Bürgerlichen, sondern die Nichtadeligen, denn der Adel ist
wie Dr. Seydel richtig sagt (Seyd. 1, 306) kein „Stand“, er ist
vielmehr grundsätzlich den öffentlichen Auszeichnungen zuzurechnen;
er hat seinen Ursprung aus Ehrenverleihungen genommen. —
§ 47.
II. Ehrenauszeichnungen. Orden.
Die Verleihung staatlicher Ehrenauszeichnungen steht dem Könige
zu; außerdem ist einerseits den Gemeinden durch Gesetz die Befugnis
zuerkannt, volljährigen und selbständigen Männern das Ehrenbürger-
recht zu verleihen (Art. 24 der Gem.-Ordn.), sowie andrerseits den Uni-
versitäten die Berechtigung erteilt, akademische Ehrenrechte zu gewähren.
Die vom Könige verliehenen Ehrenauszeichnungen sind: Würden,
Titel, Orden und Ehrenzeichen.
Nach § 360 Ziff. 8 des Reichs-Str.-Ges.-B. wird mit Geld
bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu sechs Wochen bestraft, wer
unbefugt einen Orden oder ein Ehrenzeichen trägt, oder Titel, 1)
Würden oder Adelsprädikat annimmt. Nach § 39 der Form.-Verordn.
vom 9. Dezember 1825 (Web. 2, 266) gehören die Ordenssachen
zum Wirkungskreis des kgl. Staatsministeriums des kgl. Hauses und
des Aeußern. Doch können von jedem Staatsministerium Anträge
auf Ordensverleihungen gestellt werden und sind schon durch § 78
der cit. Form.-Verordn. (Web. 2, 271) als zum Wirkungskreis des
Ministeriums des Innern (sjetzt die beiden Ministerien des Innern)
bezeichnet „die Anträge auf Belohnungen und Auszeichnungen der bei
dem inneren Dienste angestellten Beamten, sowie auch anderer Unter-
thanen, die sich um die bffentliche innere Wohlfahrt besonders ver-
dient gemacht haben.“ Durch Min.-E. vom 7. Dezember 1825
*“) Web. 8, 218; Bamb. 11, 160.
5 Es sind dies sowohl Amts= als Ehren-Titel, überhaupt alle Prädikate,
welche vom Könige zur Bezeichnung einer Amts-, Rang= oder sonst bevorzugten
Stellung verliehen werden. Die unbefugte Führung von ärztlichen Titeln fällt
unter die Strafbestimmung des § 147 Abs. I Ziff. 3 der Reichsgew.-Ordn.
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