Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

438 8 88. Das bayer. Gesetz über das Gebührenwesen vom 18. August 1879. 
gleich zu achten sind, unterliegen einer Gebühr zu 1 vom Hundert 
des erzielten Gesamterlöses. 
Besteht der Preis in jährlich wiederkehrenden Leistungen, so 
finden auf die Wertsberechnung die Bestimmungen in Art. 146 des 
gegenwärtigen Gesetzes entsprechende Anwendung. 
Art. 224 (222). Von der Gebühr sind befreit: 
1) Versteigerungen für Rechnung der Reichs= oder Staats- 
Kasse; 6°) 
2) Versteigerungen im Meß- und Marktverkehr; 
3) Zwangsversteigerungen; 2#) 
4) Versteigerungen forstwirtschaftlicher 28) Produkte; 
5) Versteigerungen landwirtschaftlicher ds) Produkte mit Aus- 
nahme derjenigen Weinversteigerungen, bei welchen der er- 
zielte Gesamterlös den Betrag von 100 Mark nicht übersteigt 
der Wiese erachtet werden, auch wenn jene Versteigerung bei Vornahme des Ver- 
steigerungsaltes als Verpachtung bezeichnet wurde. 
Im Zweifel ist immer anzunehmen, daß bei Versteigerung des Erträg- 
nisses eines Grundstückes auf mehrere Jahre eine Verpachtung, dagegen bei 
einer solchen Versteigerung für ein Jahr ein Verkauf, also eine Versteigerung im 
Sinne des Art. 223 I. c. vorliegt. 
a) Siehe hiezu Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 11. Oktober 1881 
Bd. 3, 296: Versteigerungen seitens eines zur Erhaltung von staatlichen Unter- 
richtsanstalten bestimmten selbständigen Studienfonds gehören nicht hieher. 
*) Unter diese Bestimmungen fallen lediglich diejenigen Versteigerungen, 
bezüglich deren die Vorschriften der Civ.-Proz.-Ordn. über die Zwangsvollstreckung 
in das bewegliche Vermögen anzuwenden sind (Fin.-Min.-E. vom 12. Mai 1880) 
und zwar nur die betr. Zwangsversteigerungen der Gerichtsvollzieher. S. hiezu 
Pfaff, Comm, zu Art. 224 S. 211 Nr. 2. 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 29. Februar 1884 Bd. 5, 157: unter 
„Zwangsversteigerungen“ im Sinne des Art. 224 (222) Ziff. 3 des Gebühren- 
gesetzes sind nur solche Versteigerungen von beweglichen Sachen zu verstehen, welche 
durch einen Gerichtsvollzieher nach den Vorschriften der Civ.-Proz.-Ordn. über die 
Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen vorgenommen werden. Verstei- 
gerungen von beweglichen zu einer Konkursmasse gehörigen Sachen, welche vom 
Konkursverwalter oder in dessen Auftrag von einem Auktionator vorgenommen 
werden, sind keine „Zwangsversteigerungen“ im Sinne des Art. 224 J. c. und da- 
her von der Gebühr des Art. 223 (221) nicht befreit. # 
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 7. April 1885: Bd. 6, S. 131: die 
Ausnahmsbestimmung in Art. 224 (222) Ziff. 3 des Gebührengesetzes bezieht sich 
nur auf die nach § 682 der Civ.-Proz.-Ordn. protokollarisch zu beurkundenden 
Zwangsversteigerungen der Gerichtsvollzieher. Versteigerungen, welche im Laufe 
des Zwangsvollstreckungsverfahrens gemäß § 726 der Civ.-Proz.-Ordn. durch eine 
andere Person als den Gerichtsvollzieher vorgenommen werden, unterliegen der in 
Art. 223 (221) des Gebührengesetzes bestimmten Gebühr. 
*) Es ist ganz gleichgiltig, von wem diese Produkte besessen bezw. ver- 
steigert werden. Die Befreiungsbegünstigung des Art. 224 steht allen derartigen 
Produkten ausnahmslos zu, auch wenn der Besitzer bezw. Eigentümer oder Ver- 
steigerer derselben ein Kaufmann ist. Auch die Weintrauben fallen unter den 
Begriff der gebührenfreien landwirtschaftlichen Produkte; dagegen nicht mehr der 
Most, welcher vielmehr wie der Wein zu behandeln ist. 
Rindvieh, Pferde, Schweine, Schafe 2c. erscheinen als landwirtschaftliche 
Produkte (vergl. Fin.-Min.-E. vom 4. April 1891; Pfaff, Comm. S. 212).
	        
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