Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 89. Das bayerische Budgetrecht. 457 
Dem Landtage wird daher nach seiner Eröffnung die genaue 
Uebersicht des Staatsbedürfnisses, sowie der gesamten Staats-Einnahmen 
(Budget) vorgelegt, welche derselbe durch einen Ausschuß prüft und 
sodann über die zu erhebenden Steuern in Beratung tritt. 
  
II. In Absicht auf die Willigung: 
daß die Stände je von 6 zu 6 Jahren') nur jene Steuern zu willigen 
haben, welche nach ihrer Ueberzeugung erforderlich sind, um die Differenz 
zwischen dem Gesamt-Staats-Bedürfnisse, d. h. zwischen „dem ordent- 
lichen beständigen, bestimmt vorherzusehenden“ Staats-Bedarfe, 
einschlüssig des notwendigen Reservefondes einerseits, und zwischen den von 
ihrer Willigung unabhängigen Deckungsmitteln andererseits auszugleichen. 
III. In Absicht auf das Verfügungsrecht der Regierung, daß diese 
A. aus den Staats-Einnahmen nur Staats-Bedürfnisse, und zwar 
nur solche bestreiten darf, welche entweder 
a. als ordentliche, beständige, zur Zeit der Willigung bestimmt vorher- 
zusehende à conto des laufenden Dienstes, oder als außerordentliche, 
aber zur Zeit der Willigung bestimmt vorherzusehende à conto des 
Reichs-Reservefonds in das Budget eingestellt und mittelst 
dieses Budgets „ständischer Prüfungqg“ unterstellt wurden, oder 
b. außerordentlicher und unvorhersehbarer Weise im Laufe der Finanz- 
periode sich ergeben, und daß 
B. Ausgaben, welche nicht den Charakter des Staats-Bedürfnisses an 
sich tragen, d. h. Ausgaben, welche die Erreichung des Staatszweckes 
nicht gebietet, resp. welche das wahre Landeswohl nicht fordert, dann 
Staats-Bedürfnisse, welche weder vermöge ihrer Natur als bestimmt 
vorherzusehende in das Budget eingestellt wurden, noch im Laufe der 
Finanzperiode außerordentlicher und unvorhersehbarer Weise eingetreten 
sind, nur Kraft einer Vereinbarung zwischen Regierung und Ständen 
Platz greifen können. 
§ 3. Stimmen bei Nichteinbringung eines Finanzgesetzes die Stände mit 
der Regierung sowohl über Natur und Größe „der ordentlichen, beständigen, be- 
stimmt vorherzusehenden Staatsbedürfnisse“ und über den notwendigen Betrag 
des Reservefondes, als über Natur und Voranschlag der von ihrer Willigung un- 
abhängigen Deckungsmittel überein, so sind Differenzen weder hinsichtlich des 
Ziffers der zu willigenden Ergänzungssteuern, noch rücksichtlich der zu bestreitenden 
Ausgaben denkbar. Die Stände willigen die postulierte Steuergröße und die 
Krone, für welche das vorgelegte Budget durch den Akt der Steuerwilligung in 
duanto et quali obligatorisch wird, realisiert das gesamte budgetisierte Staats- 
Bedürfnis, zusamt den gesamten, teils übereinstimmend bevoranschlagten, teils ge- 
willigten Deckungsmitteln in gesetzmäßiger Weise. 
&* 4. Sind dagegen Regierung und Stände entweder 
a. in Absicht auf Natur und Größe des ordentlichen, beständigen, bestimmt 
vorherzusehenden Staatsbedürfnisses, oder ç 
b. in Absicht auf Natur und Größe der von einer ständischen Willigung 
unabhängigen Deckungsmittel, oder 
C. in beiderlei Hinsicht 
abweichender Ueberzeugung und kömmt infolge des durch Beschlüsse sich aus- 
sprechenden ständischen Beirates keine Vereinbarung zu stande, so willigen die 
Stände begreiflichermaßen an ergänzenden Steuern nur die ihres Dafürhaltens 
erforderliche Größe, und sofort ist zu unterscheiden zwischen 
a. den in das Budget eingestellten und 
b. den in dasselbe nicht eingestellten Ausgaben. 
“ Jetzt von 2 zu 2 Jahren.
	        
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