468 890. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. II.
§ 2.14) Die Krone ist erblich in dem Mannsstamme des kgl.
Luuer nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch-linealischen
rbfolge.
§ 3. Zur Successionsfähigkeit wird eine rechtmäßige Geburt
aus einer ebenbürtigen — mit Bewilligung des Königs geschlossenen
Ehe erfordert.
§ 4. Der Mannsstamm hat vor den weiblichen Nachkommen
den Vorzug, und die Prinzessinnen sind von der Regierungs-Folge
insolange ausgeschlossen, als in dem königlichen Hause noch ein suc-
erhobene Anklage durch einen hiezu besonders zusammenzuberufenden Staats-
gerichtshof unverzüglich zur Entscheidung bringen lassen.
Die Bestimmungen des § 16 der IX. Verf.-Beil. bleiben hiebei außer An-
wendung.
Art. XI. Die Verhandlungen des Staatsgerichtshofes sind mündlich und
öffentlich.
Die Einreichung und Vertretung der Anklage geschieht durch Bevollmäch-
tigte der Stände des Reichs, welche jede Kammer durch absolute Stimmenmehr-
heit zu wählen hat. Ueber die Thatfrage der Anklage haben Geschworene, über
die Rechtsfrage rechtskundige Richter zu entscheiden.
Im übrigen richtet sich die Zusammensetzung und das Berfahren des
Staatsgerichtsgerichtshofes nach den einschlägigen besonderen gesetzlichen Bestim-
mungen.)
Art. XII. Bezüglich der in Art. 9 vorgesehenen Strafen wird der König
von dem Rechte der Begnadigung keinen Gebrauch machen.
Die Rehabilitierung des Verurteilten kann nur mit Zustimmung der
Stände des Reiches erfolgen.
Art. XIII. Durch das Verfahren vor dem Staatsgerichtshofe wird
1) die zuständige Wirksamkeit der ordentlichen Strafgerichte bezüglich der
etwa konkurrierenden gemeinen oder Amtsverbrechen oder Vergehen, sowie
2) die Verfolgung der Entschädigungsansprüche vor den bürgerlichen Ge-
richten
nicht ausgeschlossen.
Art. XIV. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem Tage der Bekanntmachung
durch das Gesetzblatt in Wirksamkeit und soll als ein ergänzender Bestandteil der
Verfassungsurkunde und als ein Grundgesetz des Reiches angesehen werden 2c.
19 §8 2—4 behandeln die ordentliche Thronfolge, §8 5 und 6 die
außerordentliche.
Die Thronfolge ist agnatisch d. h. sie erfolgt nur im Mannsstamme.
Zu diesem Mannsstamme des bayer. Königshauses gehören auch die agnati-
schen Verwandten der herzogl. Linie; sie ist linealisch d. h. entscheidend ist
die Erstgeburt und zwar derart, daß auch die Nachkommenschaft des Erstgeborenen
dem Spätergeborenen und seiner Nachkommenschaft — ohne Rücksicht auf den Grad
der Verwandtschaft — vorgeht.
Im übrigen s. über Thronfolge: v. Seydel (2. Aufl.) 1, 188—201; ferner
Pözl, Verf.-R. (5. Aufl.) S. 368—379, endlich oben § 38 S. 138.
*) Siehe hierüber das Gesetz vom 30. März 1850 „den Staatsgerichtshof und das Ver-
fahren bei Anklagen gegen Minister betr." Web. 4, 108 ff. Dieses Gesetz ist ein einfaches Staats-
gesetz, welches nicht in der Form des Tit. X § 7 der Verf.-Urk. erlassen ist.