§ 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. III. 479
§ 19. Das Gesamt-Staats-Ministerium bildet den Regent-
schafts-Rat und der Reichs-Verweser ist verbunden, in allen wichtigen
Angelegenheiten das Gutachten desselben zu erholen.
8 20. Der Reichs-Verweser hat während der Dauer der
Regentschaft seine Wohnung in der königlichen Residenz und wird auf
Kosten des Staates unterhalten; auch werden ihm nebstdem zu seiner
eigenen Verfügung jährlich zweimal hundert tausend Gulden in
monatlichen Raten auf die Staatskasse angewiesen. 24)
§ 21. Die Regentschaft dauert in den im § 9 bemerkten zwei
Fällen — im ersten bis zur Großjährigkeit des Königs und im
zweiten — bis das eingetretene Hindernis aufhört.
§ 22. Nachdem die Regentschaft beendigt ist und der in die
Regierung eintretende neue König den feierlichen Eid (Tit. X § 1)
abgelegt hat, werden alle Verhandlungen der Regentschaft geschlossen
und der Regierungs-Antritt des Königs wird in der Residenz und
in dem ganzen Königreiche feierlich kund gemacht.
Titel III.
Von dem Staatsgute. 5)
8§ 1. Der ganze Umfang des Königreichs Bayern bildet eine
einzige unteilbare 20) unveräußerliche?)7) Gesamt-Masse aus sämtlichen
Bestandteilen an Landen, Leuten, Herrschaften, Gütern, Regalien und
Renten mit allem Zugehör.
Auch alle neuen Erwerbungen aus Privattiteln, an unbeweg-
lichen Gütern, sie mögen in der Haupt= oder Neben-Linie geschehen,
:4) Siehe hiezu Art. VIII des oben in Anm. 9 abgedruckten Gesetzes vom
1. Juli 1834 über die Civilliste.
"*) Unter dem Begriff „Staatsgut“ des Tit. III ist sowohl das „Staats-
gebiet“ als das „Staatsvermögen“ zu verstehen.
:6) Für das „Staatsgut“ (Staatsgebiet, Staatsvermögen — auch Staats-
gewalt) ist der Grundsatz der Unteilbarkeit ebenso wie der der Unveräußerlichkeit
(Anm. 27) verfassungsmäßig festgesetzt. Mit der Unteilbarkeit des Staatsgebietes
ist auch die Unteilbarkeit der Gebietshoheit gegeben.
Siehe hiezu § 3 Abs. 2 dieses Tir. III.
Vergl. auch oben § 40 S. 140 ff.
*7) Die Unveränßerlichkeit des Staatsgutes (Staatsvermögens, Staats-
gebietes) ist keine absolute. Dieser Grundsatz der Unveräußerlichkeit bezieht sich
auch nur auf das sogen. unbewegliche Grundstockoermögen und kann derselbe
lediglich insoweit aufrecht erhalten werden, als daran festzuhalten ist, daß dieses
Grundstockvermögen nur infolge eines Verfassungs= bezw. Verfassungsabänder-
ungsgesetzes (Tit. X § 7 der Verfassungs-Urk.) zur Veräußerung gelangen kann,
soferne und soweit es sich um staatsrechtl. Akte handelt und soweit nicht die
Verf.-Urk. selbst eine Ausnahme statuiert (vergl. 8 6 TLit. III). Selbstverständlich
ist, daß, abgesehen von den durch die Verf.-Urk. selbst bestimmten Ausnahmen
(z. B. 8 6 l. c.), das Staatsgebiet oder das unbewegl. Staatsgrundvermögen nicht
zum Gegenstande einer Erbteilung oder eines civilrechtlichen Veräußerungsgeschäftes
gemacht werden kann. S. Näheres hierüber bei v. Seydel 1, 336 ff.
Bezüglich der Mobilien s. § 7 Abs. 2 dieses Tit. 1II.