Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 90. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit. XK. 517 
fordert, gegen einen höheren Staats-Beamten 114) wegen (vorsätzlicher)116) 
Verletzung der Staatsverfassung 116) eine förmliche Anklage zu stellen, 1) 
so sind die Anklags-Punkte bestimmt zu bezeichnen, und in jeder 
Kammer durch einen besondern Ausschuß zu prüfen. 
* Vereinigen sich beide Kammern hierauf in ihren Beschlüssen über 
die Anklage, so bringen sie dieselbe mit ihren Belegen in vorge- 
schriebener Form an den König. 
Dieser 118) 
§ 7. Abänderungen in den Bestimmungen der Verfassungs- 
Urkunde, oder Zusätze zu derselben können ohne Zustimmung der 
Stände nicht geschehen. ½) 
Abs. II. —120) 
Vollz.-Einf.-Ges. vom 26. Dezember 1871, endlich durch Art. 3 Ziff. 7 des Aus- 
führungsgesetzes vom 18. August 1879 zur Str.-Proz.-Ordn. vorbehaltlich der 
Aenderung des Art. 72 I. c. aufrecht erhalten worden (Web. 13, 196 und 217). 
Nach Art. IX (oben S. 467) des Minister-Verantwortlichkeitsgesetzes sind 
nicht mehr — wie § 6 Tit. X bestimmte — „höhere Staatsbeamte“ überhaupt, 
sondern nur „Staatsminister und deren Stellvertreter" dem Landtage verantwort- 
lich, diese aber nicht mehr blos wegen „vorsätzlicher", sondern wegen jeder 
Verletzung der „Staatsgesetze“, nicht blos der Verfassung, mag diese Verletzung 
durch Handlungen oder Unterlassungen geschehen. 
115) Das Erfordernis der „Vorsätzlichkeit“ ist weggefallen, s. Anm. 114. 
116) An Stelle des Wortes „Staatsverfassung“ ist „Staatsgesetze"“ getreten, 
s. Anm. 114. 
112) Hiezu s. Art. IX, X und XI des in Anm. 13 abgedruckten Minister- 
Verantwortlichkeitsgesetzes (oben S. 467 und 468). 
113) Dieser Abs. 3 des § 6 ist ganz weggefallen durch die Einrichtung 
eines besonderen Staatsgerichtshofes auf Grund des Gesetzes vom 30. März 1850. 
S. oben Anm. 114. 
119) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 hat durch die Reichsverfassung (Art. 2, 
4, 5 und 78, s. oben S. 95 f., 98 f., 100 und 125—127) eine wesentliche Ein- 
schränkung bezw. Abänderung dadurch erfahren, daß auf Grund der vorgenannten, 
in verfassungsmäßiger Form angenommenen Reichsverfassungsurkunde, welche durch 
diese Annahme gleichfalls bayer. Verfassungsgesetz geworden ist, nunmehr in allen 
zur Kompetenz des Reiches gehörigen Fällen Abänderungen der Verfassung auch 
durch Reichsgesetze erfolgen können. Diese Reichsgesetze werden aber ohne die 
weitere Zustimmung des bayer. Landtages erlassen und gehen als Reichsgesetze 
den bayer. Landesgesetzen vor. Weiteres hierüber s. oben Anm. 58, ferner 88 26 
bis 28 S. 66 ff., sowie S. 125 f. 
120) Nach der früheren Fassung dieses nicht mehr giltigen Abs. II des 8§7 
gingen die Vorschläge zur Verfassungsänderung allein vom Könige aus. An 
Stelle dieser Bestimmung ist nun das nachstehende Gesetz vom 4. Juni 1848 über 
die ständische Initiative getreten: 
Art. I. Das Recht der Initiative für Gesetze, die keine Verfassungsgesetze 
sind, steht jeder der beiden Kammern zu. 
Art. II. Das nach Tit. X § 7 der Verf.-Urk. dem Könige ausschließend 
zustehende Recht, Abänderungen in den Bestimmungen der Verfassungsurkunde 
oder Zusätze zu derselben in Vorschlag zu bringen (Recht der Initiative), wird in 
Ansehung der in den Tit. IV, VII, VIII und X 8§§ 1—6 der Verf.-Urk. ent- 
haltenen Bestimmungen und der hierauf Bezug nehmenden Verfassungsbeilagen 
und Gesetze auch den Ständen des Reichs eingeräumt.
	        
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