518 890. Die Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern. Tit X.
Zu einem giltigen Beschlusse in dieser höchst wichtigen Ange-
legenheit wird wenigstens die Gegenwart von drei Vierteilen der bei
der Versammlung anwesenden Mitglieder in jeder Kammer und eine
Mehrheit von zwei Dritteilen der Stimmen erforderlich. 121) 122)
Gegeben am sechs und zwanzigsten Mai Eintausend achthundert
und achtzehn.
Maximilian Joseph.
Art. III. Das Recht, die Kammern in der von der Verfassung festgesetzten
Zeit zusammenzuberufen, dieselben zu eröffnen und zu schließen, dieselben zu ver-
längern und zu vertagen, oder die ganze Versammlung aufzulösen, bleibt jedoch
der Krone nach den bisherigen Bestimmungen vorbehalten.
Art. IV. Bezüglich der in Tit. VI der Verf.-Urk. enthaltenen Bestimm-
ungen steht, soweit sie die Kammer der Reichsräte betreffen, dieser, soweit sie die
Kammer der Abgeordneten betreffen, der letzteren das im Art. II bezeichnete Recht
der Initiative ebenfalls zu.
Art. V. Anträge zur Abänderung der in Art. II und IV bezeichneten
Verfassungs-Gesetze sind sofort nach ihrer Einbringung einer vorläufigen Verhand-
lung zu unterwerfen; wenn dieselben hienach nicht von der Hälfte der anwesenden
Mitglieder der betr. Kammer unterstützt werden, so können sie zu keiner weiteren
Beratung gelangen.
Im Falle der Unterstützung werden die Ausschüsse auf die doppelte Zahl
ihrer Mitglieder verstärkt.
Art. VI. Bei allen von den Kammern vorgeschlagenen Abänderungen der
Verfassungs-Urkunde oder Zusätzen zu derselben, den Beilagen und Verfassungs-
Gesetzen, ist in Zwischenräumen von wenigstens acht Tagen eine dreimalige Be-
ratung und Beschlußfassung in Gegenwart von drei Vierteilen der bei der Ver-
sammlung anwesenden Mitglieder in jeder Kammer und eine Mehrheit von zwei
Dritteilen der Stimmen erforderlich.
Art. VII. Dem Könige bleibt das Recht vorbehalten, Seine definitive
Entschließung über die also gefaßten Gesamtbeschlüsse auf ein Jahr zu vertagen,
um inzwischen die noch notwendig erscheinenden Erhebungen und Vernehmungen
pflegen zu lassen.
Art. VIII. In Bezug auf ein infolge gegenwärtiger gesetzlicher Be-
stimmungen erlassenes Verfassungs-Gesetz darf die ständische Initiative vor Ablauf
von 12 Jahren nicht wieder geübt werden.
Art. IX. Gegenwärtiges Gesetz tritt mit dem heutigen Tage in Wirksam-
keit und wird zum Staats-Grundgesetze erhoben.
121) Diese Vorschrift des Abs. 3 § 7 ist unverändert geblieben; vergl.
Art. VI des in vorstehender Anm. 120 abgedruckten Gesetzes.
1#:) Den einschränkenden Bestimmungen des § 7 l. c. bezw. des Gesetzes
über die standische Initiative unterliegen alle Verfassungs gesetze, aber auch
nur diese.
Verfassungsgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind außer der Ver—
fassungsurkunde selbst und ihrer Beilagen alle älteren Gesetze, welche von der
Verfassungsurkunde als Bestandteile von ihr erklärt werden, sowie alle späteren
Gesetze, welchen die Eigenschaft als Verfassungsgesetzen beigelegt worden
ist bezw. wird.
Die Beobachtung der Bestimmungen des Tit. X § 7 wird von der Ver-
fassungsurkunde für Verfassungsgesetze gefordert und wird die stattgehabte Be-
achtung dieser Form auch regelmäßig am Eingange des Gesetzes ausgedrückt.
Außerdem wird in der Regel den Gesetzen, welche Verfassungsgesetze sein sollen,
noch ein besonderer Beisatz beigefügt, wie z. B.: Gegenwärtiges Gesetz wird als
Staatsgrundgesetz erklärt, oder zum Staatsgrundgesetz erhoben 2c. 2c.
Siehe hiezu Seyd. 1, 481 f. über die Behandlung der Abänderungen von
Bestimmungen der Verfassungsurkunde.