Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 529 
oder sinngemäße —) Anwendung zu finden. Hier ist ausschließlich das Erzieh- 
ungsrecht der Eltern maßgebend und dieses richtet sich lediglich nach den Be- 
stimmungen des einschlägigen bürgerlichen Rechtes. Das Recht, über die religiöse 
oder konfessionelle Erziehung des Kindes zu bestimmen, hat demgemäß bei solch 
ungemischten bezw. ungemischt gebliebenen Ehen immer derjenige, welchem die 
Ausübung des vollen Erziehungsrechtes nach dem betr. Civilgesetze zusteht —— 
und zwar für die ganze Dauer dieses Erziehungsrechtes. 
Vergl. oben Anm. 32, ferner Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 23. Juni 
1882 Bd. 4, 111: „Eine Uebertragung der Vorschriften in §§ 14 ff. der 2. 
Verf.-Beil. über die religiöse Erziehung der Kinder aus gemischten Ehen auf 
die religiöse Erziehung der Kinder aus ungemischten Ehen ist unzulässig." 
Das Recht der religiösen Erziehung der ehelichen Kinder aus einer unge- 
mischten Ehe bildet einen Bestandteil des nach civilrechtl. Grundsätzen zu bemessen- 
den gemeinsamen Elternrechtes. 
Tritt während der Dauer einer ungemischten Ehe zwischen den Eltern 
eine unausgleichbare Meinungsverschiedenheit über die religiöse Erziehung der 
Kinder ein, so überwiegt der Wille des Vaters. — 
Vergl. hieczu auch Min.-E. vom 13. Juli 1838: die Religionserziehung 
von Kindern aus ungemischten Ehen (Web. 3, 246). 
Näheres über die religiöse Erziehung von Kindern aus ungemischten Ehen 
s. Bd. III § 219. 
* ) Ist aus einer ungemischten Ehe durch den Uebertritt des einen Ehe- 
gatten zu einer anderen Religionsgesellschaft eine gemischte geworden, so sind 
von diesem Zeitpunkte an für die religiöse Erziehung der Kinder aus dieser Ehe 
die Bestimmungen des dritten Kapitels des Abschnittes I der 2. Verf.-Beil. über 
die „Religionsverhältnisse der Kinder aus gemischten Ehen“ maßgebend. 
Sind demnach zu dieser Zeit Kinder bereits in einer den Bestimmungen der 
Verfassung entsprechenden Weise durch Kommunion oder Konfirmation in eine 
Religionsgesellschaft aufgenommen, so haben sie gemäß § 18 l. c. daselbst bis 
zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu verbleiben. " 
Siehe Entsch des Verw.--Ger.-Hofes vom 25. Mai 1880 Bd. 1, 331: 
„Wenn in einer ungemischten Ehe ein Ehegatte zu einem anderen Religions-= 
bekenntnisse übergeht, so wird dadurch die Ehe eine gemischte mit den verfassungs- 
mäßig statuierten rechtlichen Folgen für die religiöse Erziehung der Kinder. 
Ein rechtswirksamer Uebergang im Sinne der einschlägigen Verfassungs- 
bestimmungen ist aber nur dann anzunehmen, wenn mit dem Austritte aus der 
bisherigen Kirchengesellschaft auch der Eintritt in eine andere staatlich anerkannte 
Kirchengesellschaft erfolgt ist. — Näheres hierüber s. § 219. 
27) Nur bezüglich der religiösen Erziehung der Kinder aus gemischten 
Ehen hat die 2. Verf.-Beilage Bestimmung getroffen. Während in den Kap. 1 
und 2 des I. Abschn. der 2. Verf.-Beil. das individuelle Recht der Religions- 
und Gewissensfreiheit, die unbeschränkte Wahl des Glaubensbekenntnisses gewähr- 
leistet wird, ist im Gegensatze hiezu im Kap. 3 dieses I. Abschn. zunächst auf 
Grund der elterlichen Erziehungsgewalt das Recht der Eltern, welche ver- 
schiedenen Glaubensbekenntnissen angehören, festgestellt, vertragsmäßig 
dasjenige Glaubensbekenntnis zu bestimmen, in welchem ihre Kinder erzogen 
werden sollen, und sodann für den Fall, daß die Eltern von diesem Rechte 
keinen Gebrauch machen, im Betreffe der religiösen Erziehung ihrer Kinder 
gesetzliche Vorsorge getroffen. 
Die Dauer der Anwendbarkeit der Bestimmungen des Kap. 3 I. c. (88 12 
—23 der 2. Verf.-Beil.) hat sich naturgemäß auf die Dauer der religiösen Er- 
ziehung der Kinder selbst zu erstrecken. Die religiöse Erziehung eines Kindes ist 
aber keinesfalls vor Ablauf des Zeitraumes der allgemeinen Schulpflicht als be- 
endigt anzusehen: Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 5. November 1880 Bd. 2, 149. 
Im allgemeinen ist hier noch auf folgende Bestimmungen zu verweisen: 
a. Verordn. vom 18. Mai 1803 (Web. 1, 63) bezw. Verordn. vom 
Pohl, Handbuch. J. 34
	        
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