§ 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 533
§ 19. Pflegekinder werden nach jenem Glaubensbekenntnisse er-
zogen, in welchem sie in ihrem vorigen Stande zu folgen hatten.)
§ 20. Durch Heirat legitimierte natürliche Kinder werden in
Beziehung auf den Religionsunterricht ehelichen Kindern gleich geachtet.)
§ 21. Die übrigen natürlichen Kinder, wenn sie von einem Vater
anerkannt sind, werden in Ansehung der Religionserziehung gleichfalls
wie die ehelichen behandelt,#5) sind sie aber von dem Vater nicht aner-
zur Religion des andern in seiner bisherigen Konfession zu belassen ist,
nicht nur dann zuzuerkennen, wenn sich die religiöse Erziehung dieses
Kindes bis zu gedachtem Zeitpunkte nach Maßgabe eines Ehever-
trages vollzogen hatte, sondern auch dann, wenn die religiöse Erzieh-
ung auf Grund der gesetzlichen Vorschrift des § 14 1. c. er-
folgt war;
d. Entsch. vom 15. Juni 1892 Bd. 13, 526, bes. 527: ist ein Kind im
Einklange mit den verfassungsmäßigen Bestimmungen durch die Kon-
firmation oder Kommunion in die Kirche einer bestimmten Konfession
aufgenommen worden, so ist es in derselben bis zum gesetzlichen Unter-
scheidungsalter auch dann zu belassen, wenn die übrigen Voraussetzungen
des § 18 der 2. Verf.-Beilage nicht gegeben sind, d. h. auch dann,
wenn die Ehe eine gemischte geblieben ist.
() Es entscheidet demnach bei den Pflegekindern das einschlägige Verhältnis
ihrer leiblichen Eltern; wenn sie also aus ungemischter Ehe stammen, das ein-
schlägige bürgerliche Gesetz; wenn aus gemischter die Bestimmung der 8§8§ 12—14
bezw. 18 I. c. und wenn sie außerehelich sind, die §§ 20 —22 I. c.
Bezüglich der Adoptivkinder s. unten § 219.
4)) Diese Gleichstellung der durch nachfolgende Ehe legitimierten Kinder
mit den ehelichen bezieht sich nicht blos auf den Religionsunterricht, sondern es
ist vielmehr hier mit dem Ausdrucke „Religionsunterricht“ die gesamte religiöse
Erziehung zu verstehen; wie auch das Wort ehelich gleichbedeutend ist mit Oehelich
geboren", so daß also bezüglich dieser Kinder, weil sie leibliche Kinder sind, auch
Eheverträge geschlossen werden können, was bezüglich der Adoptivkinder nicht der
Fall ist, da solche Eheverträge über religiöse Erziehung nur leibliche Eltern
abschließen können; s. oben Anm. 39. «·
s) Bezüglich der religiösen Erziehung unehelicher Kinder siehe zunächst die
Min.-E. vom 9. März 1818 „die religiöse Erziehung unehelicher Kinder betr.“
(Web. 1, 553), ferner nachstehende auf Grund der 2. Verf.-Beilage ergangene
Min.-E. vom 14. Juni 1835 (Web. 3, 29), vom 7. Oktober 1835 (Web. 3, 35),
vom 17. Juni 1838 (Web. 3, 244) und vom 20. August 1852 (Web. 4, 534).
Bei diesen unehelichen Kindern ist also zu unterscheiden, ob sie vom Vater
anerkannt sind oder nicht; die vom Vater anerkannten werden wie die ehelichen
behandelt — also wenn Vater und Mutter verschiedenen Religionsgesellschaften
angehören, nach Maßgabe der §8§ 12—18 l. c., siehe hiezu Min.-E. vom 17.
Juni 1838 (Web. 3, 244); — die nicht vom Vater anerkannten sind nach der
Religion der Mutter zu erziehen.
Siehe hiezu die Verw.-Ger.-Hofs-Entsch. vom 15. Februar 1884 Bd. 5,
138: uneheliche Kinder, deren Eltern einem und demselben Glau-
bensbekenntnisse zugethan sind und in einem derjenigen Gebietsteile
Bayerns wohnen, in welchem das preußische Landrecht gilt, müssen bis zum be-
endigten 14. Lebensjahre in dem Glauben der Mutter erzogen werden; ferner
vom 10. Juni 1881 Bd. 3, 83: die Bestimmung über die religiöse Erziehung
eines unehelichen Kindes steht in der Regel der Mutter zu. S. auch Anm. 49.
Das durch § 21 der 2. Verf.-Beilage dem natürlichen Vater eingeräumte
Recht zu dieser Bestimmung tritt nur ausnahmsweise, nämlich dann ein, wenn
seitens des natürlichen Vaters eine Anerkennung des Kindes in rechtswirksamer