536 8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage.
die Vormünder 5t) und Paten55) haben das Recht, darüber zu wachen,
daß vorstehende Anordnungen 560) befolgt werden. Sie können zu diesem
Behufe die Einsicht der betreffenden Bestimmungen der Eheverträge") und
der übrigen auf die Religionserziehung sich beziehenden Urkunden 55)
Pflegeeltern und Stiefeltern steht dieses Recht nicht zu.
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 17. November 1882 Bd. 4, 229:
Pflegeeltern sind zur Beschwerdeführung gegen instanzielle Entscheidungen über die
religiöse Erziehung ihrer Pflegekinder nicht berechtigt.
Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 9. Dezember 1881 BVd. 3, 438: In
Streitsachen, bei welchen es sich um die Feststellung der religiösen Erziehung eines
Kindes auf Grund des Abschn. I Kap. III der 2. Verf.-Beil. handelt, sind weder
Pflege= noch Stiefeltern des Kindes als Beteiligte im Sinne des Gesetzes mit dem
Rechte der Beschwerdeführung zu erachten.
Dagegen gehören zweifellos zu diesen „nächsten Verwandten" die Großeltern
und die Geschwister; jedoch nicht diejenigen eines natürlichen (außerehel.) Vaters,
welcher die Vaterschaft nicht anerkannt hat.
5") Durch Min.-E. vom 3. Februar 1844 „die religiöse Erziehung der
Kinder durch ihre Vormünder betr.“ (Web. 3, 535) ist angeordnet, daß bei Aus-
wahl eines Vormundes darauf zu sehen ist, daß derselbe mit dem zu Bevor-
mundenden dem gleichen Glaubensbekenntnisse angehöre.
Nicht zu den Aussichtsberechtigten des § 23 I. c. gehören die Vormund-
schaftsbehörden, wie eine desbezügliche Einmischung der Civilgerichte überhaupt
durch Min.-E. vom 23. März 1836 (Web. 3, 60) als unzulässig erklärt wurde.
Vergl. auch Entsch., des Verw.-Ger.-Hofes vom 10. Juni 1881 Bd. 3, 86;
ferner vom 14. November 1894 Bd. 16, 77, nach welch letzterer „die Obervor=
mundschaftsbehörde in Streitigkeiten wegen religiöser Kindererziehung nicht be-
schwerdeberechtigt ist".
Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, daß die Staatsaufsicht über den richtigen
Vollzug der §§ 12—23 I. c. durch die weltlichen Behörden geübt wird; letztere
sind vielmehr gegebenen Falles berechtigt und verpflichtet, auch von Amtswegen
einzuschreiten, und zwar nach Min.-E. vom 12. April 1842 (Web. 3, 455), ferner
Min.-E. vom 3. Juni 1842 (Web. 3, 459), sowie § 34 Abs. 1 der Form.-Verordn.
vom 17. Dezember 1825 (Web. 2, 290).
Kompetent ist nach Min-E. vom 20. September 1836 (Web. 3, 71) die-
jenige Verwaltungsbehörde, in deren Amtsbezirke die beteiligten Eltern mit dem
zu erziehenden Kinde in dem Zeitpunkte wohnen, in welchem die Entscheidung zu
treffen ist. Vergl. hiezu Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 17. Juni 1887 Bd. 9P,
178 in Anm. 61.
Siehe zu dem in Anm. 54 Gesagten auch noch Entsch, des Verw.-Ger.=
Hofes vom 11. Februar und 27. Mai 1887 Bd. 9, 19: Dem Vormunde einer
Doppelwaise steht eine selbständige Verfügung über eine Aenderung des Religions=
bekenntnisses seiner Mündel nur dann zu, wenn das betr. Civilrecht demselben
diese Berechtigung ausdrücklich und vorbehaltlos zuerkennt. (Das bayer. Landrecht
räumt dem Vormunde eine solche Befugnis nicht ein, desgleichen auch nicht das
Bamb. Landrecht; s. Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 11, 86; ferner Entsch.
des Verw.-Ger.-Hofes vom 6. Dezember 1893 Bd. 15, 37.)
55) Der § 23 l. c. spricht von „Paten“ ohne Unterschied. Es gehören also
hieher sowohl die Taufpaten als die Firmpaten.
55) D. h. die Anordnungen der §§ 12—22 der 2. Verf.-Beil.
57) Vergl. hiezu oben Anm. 40 und 41.
*.) Zu diesen „Urkunden“ zählen vor allen Dingen die in § 14 genannten
„sonstigen Verträge“, welche neben den Eheverträgen da in Frage kamen, wo nach
Landesgesetz die Verträge über religiöse Kindererziehung nicht in Eheverträgen
bezw. in deren Form errichtet werden mußten. S. hiezu Anm. 40 und 41.