8 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 537
fordern. 59) 60) 61)
Für das rechtsrheinische Bayern gilt aber jetzt — seit 1. Juni 1890 —,
wie oben Anm. 41 bereits gesagt, die Bestimmung, daß ein förmlicher Abschluß
eines unter notarieller Verbriefung vereinbarten Ehevertrages hiezu nötig ist.
Siehe Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 15. Juli 1891, Bd. 13, 195,
oben Anm. 41.
*) Dieses „Forderungs“-Recht können die in § 23 Berechtigten durch
diesbezügliche Anträge bei den kompetenten Verwaltungsbehörden (1. Instanz:
kgl. Bezirksämter und unmittelbare Stadtmagistrate) geltend machen.
s0) Was speziell die sachliche Zuständigkeit zur Verbescheidung von
Streitigkeiten nach Kap. 3 Abschu. I der 2. Verf.-Beil. anbelangt, so ist vor allem
zu bemerken, daß jedem Einwohner des Koönigreiches durch Tit. IV § 9
der Verf.-Urk. die vollkommene Gewissensfreiheit gesichert ist, also gleichviel, ob
Bayer oder Nichtbayer, ob Inländer oder Ausländer.
Es erstrecken sich demnach in Konsequenz dieses Prinzips die Bestimmungen
der §§ 12—23 auf alle Kinder von allen Eltern, welche in Bayern wohnen,
und zwar auch dann, wenn diese Kinder im Auslande erzogen werden. Vergl.
hiezu Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 18. April 1884 Bd. 5, 1790: „Verträge,
welche einem auswärtigen deutschen Bundesstaate angehörige Eltern verschiedener
Konfessionen über die religiöse Erziehung ihrer ehelichen Kinder während ihrer
Wohnsitznahme in Bayern abschließen, sind, wenn sie während der Dauer des
Wohnsitzes der Eltern in Bayern streitig werden, nach den Bestimmungen der
§§ 12 ff. der 2. Verf.-Beil. zu beurteilen.“
In analoger Anwendung dieses Grundsatzes der Territorialität ist auch die
Zuständigkeit der bayer. Behörden für die Entscheidung von Streitigkeiten über
religiöse Erziehung für alle Kinder gegeben, welche sich dauernd in Bayern auf-
halten, bezw. deren Eltern in Bayern wohnen, ohne Rücksicht auf deren Staats-
angehörigkeit. — Ein nur vorübergehender Aufenthalt in Bayern begründet natür-
lich diese Zuständigkeit nicht.
Vergl. weiter Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom 25. Mai und Plenar-
Entsch. vom 23. Oktober 1889 Bd. 11, 17: „Die Zuständigkeit der bayer.
Behörden zur Entscheidung über die religiöse Erziehung eines Kindes wird durch
dessen Aufenthalt außerhalb Bayerns jedenfalls dann nicht aufgehoben, wenn die
Eltern desselben in Bayern wohnhaft sind." "
Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes vom 21. Januar 1891 Bd. 12, 449: „Die
Zuständigkeit der bayer. Behörden zur Entscheidung eines Streitfalles nach
Art. 8 Ziff. 4 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. erstreckt sich auch auf (in Bayern wohnende)
Kinder, welche dem bayer. Staatsverbande nicht angehören, vorausgesetzt, daß die-
selben sich in Bayern nicht lediglich vorübergehend aufhalten. In einem der-
artigen Falle (d. h. wenn diese nichtbayer. Kinder in Bayern wohnen) haben
die in Bayern geltenden Gesetze zur Anwendung zu kommen.“ # «
Entsch.desVerw.-Ger.-Hofesvom11.Februarund27.Ma11887
Bd. 9, 19: „Die verwaltungsrechtliche Zuständigkeit in einem Streitfalle nach
Art. 8 Ziff. 4 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß
das betr. Kind, welches seine religiöse Erziehung in Bayern genießt, dem bayer.
Staatsverbande nicht angehört.“ Desgleichen Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom
19. Juni 1889 Bd. 11, 433.
Näheres über religiöse Kindererziehung s. weiter in 8 219, bezw. über das
desbezügliche Verwaltungsrechtsverfahren § 512 auch 513.
“!) Ueber das Vollstreckungsverfahren s. Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes vom
17. Juni 1887 Bd. 9, 178: „Die Verwaltungsbehörde ist in Sachen der reli-
giösen Kindererziehung berechtigt, einen von ihr erlassenen rechtskräftigen Beschluß
auch ohne Anregung der Parteien in Vollzug zu setzen.“
Weiter s. über die Zwangsvollstreckung in Sachen der religiösen Kinder-
erziehung Art. 46 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. und die in § 219 bezw. 513 näher ange-