542 § 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage.
§ 39.50) Den kirchlichen Obern, Vorstehern oder ihren Repräsentanten
kömmt demnach das allgemeine Recht der Aufsicht mit den daraus hervor-
gehenden Wirkungen zu, damit die Kirchengesetze befolgt, der Kultus diesen
gemäß aufrecht erhalten, der reine Geist der Religion und Sittlichkeit
bewahret, und dessen Ausbreitung befördert werde.
Der Anteil, welcher jedem einzelnen an dieser Aufsicht zukömmt,
wird durch seine Amtsvollmacht bestimmt.
§ 40. Die Kirchengewalt übt das rein geistliche Korrektionsrecht
nach geeigneten Stufen aus.
§ 41. Jedes Mitglied einer Kirchengesellschaft ist schuldig, der
darin eingeführten Kirchenzucht sich zu unterwerfen.
§ 42. Keine Kirchengewalt ist aber befugt, Glaubensgesetze gegen
ihre Mitglieder mit äußerem Zwange geltend zu machen. 1)
§ 43. Wenn einzelne Mitglieder durch öffentliche Handlungen
eine Verachtung des Gottesdienstes und der Religionsgebräuche zu erkennen
geben, oder andere in ihrer Andacht stören, so ist die Kirchengesellschaft
befugt, dergleichen unwürdigen Mitgliedern den Zutritt in ihre Versamm-
lungen zu versagen.
8 44. Die in dem Königreiche als öffentliche Korporationen auf-
genommenen Kirchen sind berechtigt, Eigentum zu besitzen, und nach den
hierüber bestehenden Gesetzen auch künftig zu erwerben.2) )
so) Die §9§ 39 bis 43 l. c., desgleichen § 71 I. c. treffen die näheren Be-
stimmungen über die Ausübung der Kirchendisziplin.
Vergl. hiezu auch Art. XII lit. d des Konkordats über Kirchendisziplin
gegen Geistliche und Gläubige, ferner Konkordat Art. V Abs. 4.
Für Zwecke der Seelsorge darf jedoch „die Anwendung weltlichen Zwanges“
„ohne besondere Ermächtigung“ nicht stattfinden. S. hiezu Min.-E. vom 8. Juni
1854 „die Vorladung von Parochianen vor ihre Seelsorger betr.“ (Web. 4, 636),
ferner vergl. Min.-E. vom 19. Oktober 1831 „die Disziplinaruntersuchung gegen
den Pfarrer N. zu N.“ (Web. 2, 565). S. auch § 71 und § 42 der 2. Verf.-Beil.
"1) Siehe vorstehende Anm. 80, ferner § 71 Il. c. und Tit. IV § 9 Abs. 1
der Verf.-Urk.
"„) Zu diesen Gesetzen gehören auch die sogen. Amortisationsgesetze.
Siehe Mandat vom 19. August 1701 nebst dem einschlägigen Amortisationsgesetz
(Web. 1, 2 f. und Anm hiezu), ferner vom 13. Oktober 1764 (Web. 1, 6 f.).
Nach dem Inhalt der sogen. Amortisationsgesetze sollen von Kirchen, geistlichen
Anstalten und Korporationen Immobilien ohne landesherrliche Genehmigung nicht
erworben werden können; auch sollen denselben Schenkungen über eine bestimmte
Summe hinaus ohne königliche Genehmigung nicht gemacht werden. Bezüglich
der immer noch gegebenen Giltigkeit der Amortisationsgesetze s. obigen § 44 der
2. Verf.-Beil.; ferner § 34 Abs. 3 der Form.-Verordn. vom 17. Dezember 1825
(Web. 2, 290); allerh. Entschl. vom 16. Juni 1836 (Web. 3, 64); Verordn. vom
27. Februar 1847 § 5 Ziff. 4 (Web. 3, 659) „die oberste Leitung der Kirchen-
und Schulangelegenheiten betr.““ Min.-E. vom 4. Mai 1869 (Web. 8, 127):
„Vollzug der Amortisationsgesetze betr.“; Erk. des O.-A.-G. vom 15. September
und 18. Juni 1856 (Bl. für R.-A. 22, 431 und 26, 362).
Erweiterungen, Zusätze und Erklärungen haben die obengenannten sogen.
Amortisationsgesetze von 1701 und 1764 erhalten durch die bei Web. 1, 2 Anm.“
Abs. 2 aufgeführten Mandate vom 16. September 1730 (Web. 1, 4) „einschichtige
Güter betr.“; 12. Januar und 30. Juni 1759 (Web. 1, 4 und 5); 16. Januar
1760 (Web. 1, 5); 10. Mai 1765 (Web. 1, 8); 4. Februar 1768 und vom