Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

§ 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 2. Beilage. 549 
h. Vorschriften über die Einrichtung der Kirchenlisten als Quellen 
der Bevölkerungs-Verzeichnisse, als Register des Civilstandes 
und über die Legalität der pfarrlichen Dokumente.10#1) 
8§ 65. In allen diesen Gegenständen kömmt der Staatsgewalt 
allein die Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit zu. 
§ 66. Hiernach sind alle Geistlichen in bürgerlichen Personal- 
Klagesachen, in allen aus bürgerlichen Kontrakten hervorgehenden Streit- 
sachen, in den Verhandlungen über ihre Verlassenschaften 2c. einzig den 
weltlichen Gerichten untergeben. 
§ 67. — ) 
§ 68. Bei Sterbfällen der Geistlichen soll darauf Rücksicht ge- 
nommen werden, daß die geistlichen Verrichtungen, wenn der Verseken 
dergleichen versehen hat, nicht gehemmt werden; alles, was darauf Bezug 
hat und zum Gottesdienste gehört, als heilige Gefäße 2c. soll von der 
Sperre ausgenommen und mittelst Verzeichnisses entweder dem Nachfolger 
im Benefizium sogleich verabfolgt oder andern sichern Händen einstweilen 
übergeben werden, wenn nicht zu ihrer Uebernahme ein Abgeordneter der 
geistlichen Behörde sich einfindet, welche zu diesem Ende von dem welt- 
lichen Richter bei jedem Sterbefalle eines im Benefizium stehenden Geist- 
lichen davon in Kenntnis zu setzen ist. 108) 
§ 69. Die Kriminalgerichtsbarkeit auch über Geistliche kömmt 
nur den einschlägigen königlichen weltlichen Gerichten zu. 
§ 70. Diese sollen aber die einschlägige geistliche Behörde jeder- 
zeit von dem Erfolge der Untersuchung in Kenntnis setzen, um auch von 
ihrer Seite gegen die Person des Verbrechers in Beziehung auf seine 
geistlichen Verhältnisse das Geeignete darnach verfügen zu können. 104) 
§ 71. Keinem kirchlichen Zwangsmittel wird irgend ein Einfluß 
auf das gesellschaftliche Leben und die bürgerlichen Verhältnisse, ohne 
Einwilligung der Staatsgewalt im Staate gestattet. 05) 
§ 72. Das Verfahren der weltlichen Gerichte in Gegenständen, 
welche nach den obigen Bestimmungen zu ihrer Gerichtsbarkeit gehören, 
darf durch die Einschreitungen geistlicher Stellen weder unterbrochen, noch 
aufgehoben werden. 
  
1°1) Die diesbezügl. Vorschriften sind nunmehr im Personenstandsgesetz 
vom 6. Februar 1875 enthalten. S. hierüber 8§ 241 und 244. 
Vergl. auch Verordn. vom 31. Januar 1803 (Web. 1, 60) bezw. die dort- 
selbst gemachten Bemerkungen. 
Die „Kirchenlisten“ sind jetzt keine Civilstandsregister mehr. 
102) Der den Geistlichen durch diesen § 67 eingeräumt gewesene sogen. be- 
freite Gerichtsstand ist ausgehoben. S. Tit. V § 4 Ziff. 3 und § 5 der Verf.= 
Urk. und oben S. 489 Anm. 46. 
7) Hiezu vergl. Verordn. vom 12. Dezember 1809 „die Testaments- 
Exekution bei Sterbefällen der Geistlichen“ (Web. 1, 319 f.); ferner Verordn. vom 
3. September 1814 „die in vorkommenden Sterbefällen protestantischer Pfarrer 
vorzunehmende Verlassenschafts-Versieglung betr.“ (Web. 1, 461). 
!“) Vergl. Konkordat Art. XII lit. d. 
"““) Vergl. hiezu 8 42 l. c. und Konkordat Art. XII lit. c und d.
	        
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