Full text: Handbuch des Staats- und Verwaltungs-Rechts für das Königreich Bayern. Band I. Das Deutsche Reich und das Königreich Bayern. (1)

584 § 90a. Die Beilagen zur Verfassungsurkunde. 7. Beilage. 
8 61. Das Gericht hat bei jedem Gesuche um Bewilligung einer Fidei- 
kommiß-Schuld II. Klasse hierüber den nächsten Fideikommiß-Nachfolger, die An- 
wärter und den Vertreter des Fideikommisses, wenn einer bestellt ist, nach § 51 
zu vernehmen und, wenn sie in die Schuld einwilligen, ohne erhebliche Gründe 
die Genehmigung nicht zu versagen, dagegen aber auch diese im Falle eines von 
denselben erfolgten Widerspruchs ohne hinreichende Gründe nicht zu erteilen und 
dabei besonders auf die Veranlassung der Schuld, auf den Betrag des noch un- 
beschwerten Vermögens und die dadurch gegründete Erwartung ihrer früheren 
Tilgung, auf die im Zahlungs-Plan bestimmten kürzeren oder längeren Fristen 
und auf die Beschaffenheit des Widerspruchs ihr Augenmerk zu richten. 
8§8 62. Für Fideikommiß-Schulden, sie seien I. oder II. Klasse, haftet das 
Allodial-Vermögen des Besitzers, außer den ihm zukommenden Früchten nicht, 
sondern sie gehen mit dem Fideikommisse auf jeden Nachfolger über, dem jedoch 
der Regreß gegen das Allodium des Vorgängers vorbehalten bleibt, wenn dieser ent- 
weder mit den im Tilgungs-Plane bestimmten Fristen im Rückstande geblieben ist 
oder bei Fideikommiß-Schulden II. Klasse zum Ersatz aus seinem Allodial-Ver- 
mögen sich ausdrücklich verpflichtet hat. 
& 63. In Ansehung der mit einem Fideikommisse verbundenen Lehen 
kommen die Bestimmungen des Lehen-Edikts über Lehen-Schulden zur An- 
wendung. ) 
& 64. Die vorhandenen Fideikommiß-Kapitalien können für solche Aus- 
lagen, welche unter die Fideikommiß-Schulden l. Klasse gehören, mit Genehmig- 
ung des Gerichts nach Vernehmung der Anwärter, desgleichen in den § 61 be- 
stimmten Fällen unter den dortselbst enthaltenen Beschränkungen und Voraus- 
setzungen, vorbehaltlich der im § 69 bestimmten Rückzahlung, eingezogen und ver- 
wendet werden. 
§ 65. Die Veräußerung der zu einem Fideikommisse gehörenden Grund- 
stücke und Realrechte kann nur mit Einwilligung des Gerichts in dem Falle statt- 
finden, wenn die Gläubiger wegen Fideikommiß-Schulden I. Klasse auf die Zahl- 
ung dringen und nach Vernehmung der Anwärter sich bezeigt, daß sie auf andere 
Weise nicht befriedigt werden können. 
Insbesondere darf das Grund-Vermögen, worauf das Fideikommiß ruhi, 
nicht veräußert werden, solange noch unter dem Fideikommiß-Vermögen andere 
zur Zahlung dieser Schulden hinreichende Objekte sich befinden. 2) 
§ 66. Aufßer diesem Falle können solche Immobilien und Realrechte nicht 
anders als mit Einwilligugg aller bekannten Anwärter und des Fideikommiß- 
Vertreters, wenn einer bestellt ist, sodann mit Genehmigung des Gerichts ver- 
äußert, und diese Genehmigung kann nur alsdann erteilt werden, wenn die Ver- 
äußerung dem Fideikommisse einen beträchtlichen und bleibenden Nutzen gewährt. ) 
(6 67. Die zum Fideikommisse gehörigen grundherrlichen Rechte können 
zwar durch gemeinsames Einverständnis des Grundherrn und des Grundholden 
abgelöst, sie sollen aber womöglich in eine beständige Rente an Getreide ver- 
wandelt werden.)# 
8 68. Im Falle des § 66, sowie, wenn im Falle des § 67 ein Ab- 
lösungs-Kapital bedungen worden, muß der Kauf-Preis oder das Ablösungs- 
Kapital zum Besten des Fideikommisses, besonders zum Ankauf fruchtbringender 
Realitäten verwendet, und, bis es geschehen kann, gegen hypothekarische Sicherheit 
verzinslich angelegt werden. Insbesondere darf sich weder der Fideikommiß- 
Besitzer, noch ein Anwärter dabei einen Privat-Vorteil bedingen.) 
  
*1) Vergl. Lehenedikt vom 7. Juli 1808 Kapitel 8 88 144 ff. (Web. 1, 185). 
*:) Zu §§ 65—68 vergl. §§ 48 und 49 I. c. nebst Anm. 
!n) Gegenstandslos geworden durch den Wegfall der Grundherrlichkeit.
	        
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