8 94. Die Gemeinden und die Gemeindeverfassung. 33
Zustellungen an die Gemeinde können mit rechtlicher Wirkung
nur an den Bürgermeister oder — im Falle seiner Verhinderung —
an seinen gesetzlichen Stellvertreter erfolgen. Vergl. vorstehende üt. L
Ziff. 3 auch 5.
Näheres über die civilrechtliche und civilprozessuale Vertretung
s. unten zu Art. 84, 101, 130 und 131, auch 153 der Gem.-Ordns)
N. Vermittlungsamt.)
Nach Art. 100 und 144 steht sowohl in Stadtgemeinden wie
in Landgemeinden dem Bürgermeister als Vorstand des Stadtmagistrates
1.) a. Entsch, des obersten Gerichtshofs (oberstes Landesgericht) Samml.
Bd. 3, 753: Eine Landgemeinde haftet aus der Genehmigung einer
von ihrem Vorstande ausgeführten rechtswidrigen Handlung (z. B.
aus der Genehmigung der Besitzstörung eines Dritten durch ein-
seitig vorgenommene Vermarkung). Siehe hiezu oben lit. G Ziff. 4
a. E. S. 28.
b. Entsch, des obersten Gerichtshofs Samml. Bd. 7, 757: Die Mit-
glieder einer Ortsgemeinde sind zur Führung eines Rechtsstreites
für diese nur nach gesetzlich eingeholter Beschlußfassung hierüber
befugt.
. Entsch, des obersten Gerichtshofs Samml. Bd. 6 S. 241 f.: Ueber
die Frage, wer als gesetzlicher Vertreter einer Partei vor Gericht
aufzutreten habe, haben die Gerichte nach den einschlägigen Gesetzen
zu entscheiden (also auch darüber, ob eine Gemeindevertretung zur
Vertretung einer Ortsgemeinde vor Gericht befugt bezw. legitimiert
sei) und wird die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nicht da-
durch begründet, daß die hiebei anzuwendende Bestimmung (z. B.
solchen Falles der Gem.-Ordn.) nicht dem Privatrechte, sondern dem
öffentlichen Rechte angehört; endlich
d. Entsch, des obersten Gerichtshofs Samml. Bd. 8, 180, desgleichen
Bd 13, 432 und 602 ff., speziell 606.
*) [Die Ausübung des Vermittlungsamtes durch den Bürgermeister bezw.
den von ihm hiezu Beauftragten hat es im Laufe der Zeit mit sich gebracht,
daß der Vermittlungsbeamte, welcher mit seinen Mitbürgern umzugehen und deren
Vertrauen zu gewinnen versteht, gewissermaßen zum Ratgeber in allen Fragen
nicht blos des bürgerlichen, sondern auch des öffentlichen Rechtes oder eigentlich
für alle Verhältnisse des Lebens: so zu sagen der Vertrauensmann und General-
konsulent für alle Gemeindeangehörigen geworden ist, bei dem man sich in allen
Dingen Rat und Aufschluß erholt.
Dies wird uns jeder gerne bestätigen, welcher das gemeindliche Leben aus
eigener Praxis, besonders aber aus eigener vermittlungsamtlicher Thätigkeit, näher
kennen zu lernen Gelegenheit hatte.
Schon mit Rücksicht hierauf erscheint es geboten, in ein Handbuch des
öffentlichen Rechtes, welches mit besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse der Ge-
meinde behörde geschrieben ist, thunlichst alles das aufzunehmen, was erfahrungs-
gemäß den vorgenannten Zwecken zu dienen imstande ist.
Der hiernach besonders auch dem gemeindebehördlichen Vermittlungs-
beamten als dem vielgesuchten allgemein in Anspruch genommenen Ratgeber der
Gemeindeangehörigen dienende Zweck dieses Handbuches wird aber dann erst
so recht und vollständig erreicht werden, wenn dem Verfasser auch fernerhin die
Pohl, Handbuch. II. 3