570 § 141. I. Abschn. Allgemeine Bestimmungen. Art. 170.
§8 141—143.
VI. Abteilung.
Von den Wahlen") zu Gemeindeämtern.)
I. Kbschnitt.
§ 141. Allgemeine Bestimmungen.)
Art. 170 (100).4) K)
I. Wahlstimmberechtigt!) sind alle Gemeindebürger 2) mit Aus-
Zu § 141.
*) Gemeindewahlen sind diejenigen Wahlen, welche entweder direkt
und unmittelbar durch die wahlberechtigten Gemeindebürger oder indirekt (mittelbar)
durch die Gemeindebevollmächtigten und die Gemeindeausschüsse bezw. durch die
beiden städtischen Kollegien vorgenommen werden und deren Zweck die Erwählung
von Personen zu Gemeindeämtern ist.
**) Unter einem Gemeindeamt versteht man einen „Inbegriff von ge-
setzlich bestimmten Rechten und Pflichten in Vertretung einer Gemeinde und in
der Verwaltung ihrer Angelegenheiten.“ Siehe Bayer. Gem.-Zeitg. 1892 S. 719 ff.
Diese Gemeindeämter werden eben durch die Gemeindewahlen (siehe vor-
stehende Note *) entweder in direkter Weise durch die Gemeindebürger oder in
indirekter Weise wieder durch Wahl eines durch die Bürger selbst gewählten Kol-
legiums auf Einzelpersonen oder auf Mitglieder von kollegialen Körperschaften
übertragen.
*“) Bei unmittelbaren Gemeindewahlen (siehe Note ’ und ) ist die
Ausübung des Wahlrechtes nur ein Recht, aber keine Pflicht. Dieselbe kann und.
darf daher nicht erzwungen werden. Gegen allenfallsige Androhungen einer Un-
gehorsamsstrafe im Falle der Nichtausübung dieses Wahlrechtes wäre demnach Be-
schwerde (nach Art. 8 Ziff. 26 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges.) zulässig.
Bei mittelbaren Wahlen dagegen (z. B. bei denen, welche durch die Ge-
meindebevollmächtigten zu bethätigen sind) handelt es sich um Erfüllung einer
Pflicht seitens der zu dieser Wahl Berufenen; vergl. Entsch, des Verw.-Ger.-Hofes.
Bd. 3, 528; Bd. 6, 129.
Diieses Wahlstimmrecht, d. h. das bei mittelbaren Wahlen auszuübende
Stimmrecht fällt unter Art. 8 Ziff. 33 des Verw.-Ger.-Hofs-Ges., dagegen das
Recht (nicht die Pflicht) zur Stimmabgabe bei unmittelbaren oder direkten
Wahlen der Gemeindebürger unter Art. 8 Ziff. 26 l. c. — Endlich ist noch hieher
zu konstatieren, daß das Gemeindewahlverfahren kein Gegenstand des gemeindlichen.
Selbstverwaltungsrechtes ist; die betreffenden Vorgänge und Formen, in welchen
sich die Gemeindewahlen zu bewegen haben, sind vielmehr in strikter Weise vom
Gesetze bestimmt und vorgeschrieben. Beschwerden der Gemeindeverwaltung gegen
Anordnungen der vorgesetzten Staatsaussichtsbehörde in Bezug auf die Art und
Weise der Vornahme einer Gemeindewahl fallen daher nicht unter Art. 10 Ziff. 2
des Verw.-Ger.-Hofs-Ges. Die Zuständigkeit des Verw.-Ger.-Hofes zur Beschei-
dung solcher Beschwerden kann demnach aus den angeführten Gesetzesstellen nicht
abgeleitet werden (Entsch. des Verw.-Ger.-Hofes Bd. 4, 59).
)Zu Art. 170 ff. sind allgemeine Vorschriften über die Art und Weise
der Vornahme der Gemeindewahlen ergangen durch die Min.-E. vom 12. Oktober
1869 „die Gemeindewahlen in den Landesteilen diesseits des Rheins betreffend-
(Web. 8, 390 ff.)
) Zu Art. 170 ff. siehe auch Sternau: Die Gemeinde= und Kirchen-
verwaltungswahlen; ferner vergl. die in Anm. 4 zu Art. 170 angeführten Ab-
handlungen; besonders aber v. Kahr Bd. II S. 176 ff.