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Falle des Nebeneinanderwirkens der Wind- oder Wasserkraft mit einer
anderen Triebkraft, die Wind- oder Wasserkraft bei normalem Betriebe die
stärkere (Hauptkraft) ist. Letzteres ist bei Wassertriebwerken in der Regel
dann anzunehmen, wenn bei mittlerem Wasserstand die Wasserkraft mehr
g die Hälfte der zum normalen Betriebe des Werkes erforderlichen Kraft
iefert.
Als unregelmäßig ist eine Wasserkraft dann anzusehen, wenn der
Wasserzufluß während der jährlichen Betriebszeit infolge elementarer Ein-
wirkungen (z. B. Trockenheit, Hochwasser, Frost), oder aus anderen Gründen
(Mitbenutzung des Wassers zu anderen Zwecken, z. B. Bewässerungsanlagen
u w.) erheblichen Schwankungen unterworfen ist und dadurch ein ununter-
brochener oder gleichmäßiger Wasserbetrieb unmöglich gemacht wird.
Bei Prüfung der Frage ob eine Wasserkraft unregelmäßig ist, find
hiernach außergewöhnliche Naturereignisse, die nicht regelmäßig während der
jährlichen Betriebszeit wiederkehren, sowie solche Umstände außer Betracht zu
lassen, die zwar im Laufe des Jahres öfters wiederkehren, jedoch die un-
unterbrochene oder gleichmäßige Fortführung des Betriebes im gewöhnlichen
Umfange nicht wesentlich hindern.
Die Ausnahmen haben nur den Zweck, Ausfälle der regelmäßigen
werktägigen Arbeitszeit, welche nach Versagen der Triebkraft verursacht
werden, auszugleichen, soweit ein wirtschaftliches Bedürfnis hierzu vorliegt.
Dieselben werden daher nicht zuzulassen sein für größere Betriebe, welche
zwar vorwiegend mit Wind oder unregelmäßiger Pafeertraft arbeiten, sich
daneben aber ständig einer Hilfskraft bedienen, sofern diese Hilfskraft an
Werktagen beim Versagen der Wind= oder Wasserkraft die Fortführung des
Betriebes in einem nicht wesentlich beschränkteren Umfange ermöglicht.
Kommt Wind oder Wasser nur in einzelnen Teilen einer gewerblichen
Anlage als Triebkraft in Anwendung, so erstreckt sich die Gestattung der
Sonntagsarbeit nicht nur auf diejenigen Arbeiten, welche unter Benutzung
des Wind= oder Wassertriebwerkes ausgeführt werden, sondern auch auf solche
Arbeiten, die mit jenen Arbeiten derart im Zusammenhange stehen, daß sie
nicht wohl am vorhergehenden oder nachfolgenden Werktag vorgenommen
werden können.
Die Befugnis der beteiligten Gewerbetreibenden, neben den nach vor-
stehendem zugelassenen Ausnahmen für ihren Betrieb in einem nach den
Vorschriften der §## 20 und 21 der Gewerbeordnung sich regelnden Ver-
fahren von dem Bezirksausschuß besondere Ausnahmen nachzusuchen, wird
hierdurch nicht berührt.
II. Arbeiter, welche auf Grund der Ausnahmebestimmungen mit Sonntags-
arbeiten beschäftigt werden, sind — wenn nicht Gefahr im Verzuge ist —
während der ihnen ausbedungenen Ruhezeit auch nicht zu solchen Arbeiten,
die in dem betreffenden Betriebe auf Grund des § 105e Absatz 1 vorge-
nommen werden dürfen, und ferner auch nicht zu Arbeiten in dem etwa mit
dem Betriebe verbundenen Londels ewerbe heranzuziehen.
Die in Spalte 4 der Tabelle für einzelne oder für zwei aufeinander
folgende Sonn= und Festtage vorgeschriebenen Ruhezeiten der Arbeiter müssen
ohne Unterbrechung und ganz oder zum größeren Teil innerhalb der Zeit
von 6 Uhr abends des vorhergehenden Werktages bis 6 Uhr morgens des
nachfolgenden Werktages gewählt werden.
III. Vorstehende Bestimmungen treten mit dem 1. April 1895 in Kraft.
Oppeln, den 21. März 1895.
Der Regierungspräsident.