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von Entnahmestellen von Wasser zum Trink= und Hausgebrauch und ihrer
nächsten Umgebung, insbesondere durch Hausabfälle, schmutzige Wäsche uad
dergleichen unterbleiben.
3. Der Runderlaß des Ministers der Medizinalangelegenheiten und des
Ministers des Innern, betreffend die Schließung der Schulen bei ansteckenden
Krankheiten, vom 14. Juli 1884 (vgl. Dienstanweisung für die Kreisärzte
S. 241) findet auf die Pest mit der Maßgabe Anwendung, daß diese wie
die unter Nr. 1 lit. a daselbst aufgeführten Krankheiten zu behandeln ist.
Ereignet sich ein Pestfall in dem Schulhause, so muß die Schule geschlossen
werden, Personen, welche der Ansteckung durch die Pest ausgesetzt gewesen
find, müssen auf die Dauer ihrer Ansteckungsgefahr von der Erteilung des
Schulunterrichts ausgeschlofssen werden.
Die für die Schulen geltenden Bestimmungen finden auf andere Unterrichts-
veranstaltungen, an welchen eine größere Anzahl von Personen teilnimmt,
sinngemäße Anwendung.
4. Wenngleich zur Zeit die Befürchtung nicht vorliegt, daß der Aus-
bruch einer Pestepidemie bevorsteht, ist doch unter möglichster Vermeidung
jeder Beunruhigung der Bevölkerung seitens der Polizeibehörde dafür Sorge
zu tragen, daß der Bedarf an Unterkunftsräumen, Pflegepersonal, ärztlicher
Hilfe, Arznei-, Verbands-, Desinfektions= und Transportmitteln beizeiten
in geeigneter Weise sicher gestellt wird.
Bei der Beschaffung von Unterkunftsräumen für Pestkranke ist zu be-
achten, daß an diese besondere Ansprüche gestellt werden, insofern sie vor
allem rattensicher sein müssen. Es ist ferner zu berücksichtigen, daß nament-
lich bei ersten Pestfällen oft nicht die Kranken, sondern die Gesunden aus
dem Pesthause entfernt und anderweitig untergebracht werden müssen.
Was die Entsendung von Krankenschwestern anlangt, so wird sich
empfehlen, daß die Polizeibehörden deswegen mit wohltätigen oder religiösen
Körperschaften in Verhandlung treten.
Etwa erforderlich werdende Anträge auf leihweise Bereitstellung trans-
portabler Baracken seitens des Roten Kreuzes, mit welchem ich deshalb
gleichwie wegen etwaiger gleichzeitiger Entsendung von Pflegerinnen bereits
in Verbindung getreten bin, sind zunächst an mich zu richten, damit ich die
diesbezüglichen Bedürfnisse des ganzen Bezirks übersehen und daraufhin
von hier aus mit dem Roten Kreuze wegen Befriedigung derselben ver-
handeln kann.
5. Ein etwaiger weiterer Bedarf an Exemplaren der zur Verteilung an
die Aerzte bestimmten „Belehrung über die Pest“, welche durch meine Ber-
fügung vom 15. Februar 1900 — I. f. IX. 1594 — den Landräten und
Magistratsleitern der kreisfreien Städte überwiesen worden ist, ist bei mir
anzumelden. Bei drohender Pestgefahr sind die Aerzte auf diese Belehrung
in geeigneter Weise hinzuweisen.
6. Eine für die Laienbevölkerung bestimmte gemeinverständliche Be-
lehrung, deren Wortlaut aus der Anlage (Anlage 3) ersichtlich ist, wird in
der erforderlichen Anzahl in dem Ministerium der Medizinalangelegenheiten
bereit gehalten und kann behufs Verteilung in Zeiten drohender Pestgefahr
durch meine Vermittelung erbeten werden.
7. Sobald Ortschaften oder Bezirke von der Pest befallen oder bedroht
sind, ist für dieselben sofort die allgemeine womöglich ärztliche Leichenschau
polizeilich anzuordnen, soweit eine solche nicht schon besteht.