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schützt zu sein. Rußland verfährt sehr töricht mit den bal-
tischen Provinzen, die seine beste Stütze sind; — ich kann als
Preuße diesem Tun ruhig zusehen, weil ich doch kein In-
teresse habe, daß unser Nachbar so stark sei, vielmehr dessen
Abschwächung zu wünschen habe. Für den Augenblick habe ich
aber keine anderen Annexrionsgelüste als die meiner Nach-
bargüter.“
Herbst 1868.
Unterredung mit dem Geh. Justizrat von
Wilmowski, betreffend die Ablehnung des
Ministerpostens im Frühjahr 1862.-7)
Im Frühjahr 1862 wurde Bismarck von Petersburg
ab und nach Berlin berufen; daselbst wurde ihm vom König
zum ersten Mal die Ministerpräsidentschaft angeboten. Ueber
diese Episode erzählte Bismarck: „Ich war damals des Kö-
nigs noch nicht ganz sicher, ob er durch dick und dünn mit-
ginge; er entschloß sich zu wichtigen Staatshandlungen nicht
schnell, ebenso wie sein Bruder und Vorgänger. Es kam
mir vor, als wäre es für mich noch nicht an der Zeit, ins
Ministerium zu treten und ein Gesandtenposten war mir da-
mals viel lieber; am liebsten jener in Paris. Diese Stelle
hatte sich freilich damals Graf Bernstorff, unser Gesandter
in London, vorbehalten; und so kam es, daß ich 14 Tage
in Berlin in Ungewißheit war, ob ich das Ministerium über-
nehmen müsse oder nach London oder Paris gehen sollte.
Nach 14tägigem Warten wurde ich der Sache müde, zumal
mir in Berlin alle Häuslichkeit fehlte und ich bat den Mi-
nister von Schleinitz um meine Entlassung; darauf bekam
ich binnen sechs Stunden den Posten in Paris.“
) Die genaue Zeit und der Ort der Unterredung waren nicht
sestzustellen; vermutlich Varzin.