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meinte, daß wenn er auch damals ganz Süddeutschland und
Deutsch-Oesterreich mit Preußen hätte vereinigen können, er
es nicht getan habe, weil damit zu viele heterogene
Elemente zusammengeworfen worden wären und daraus keine
dauernde Gestaltung geschaffen worden wäre. „Gegen den süd-
deutschen Bund habe ich nichts zu erinnern, doch gebe ich
zu, daß damit die erneute Teilnahme Oesterreichs an den
deutschen Verhältnissen ermöglicht wird, woraus Schwierig-
keiten entstehen könnten.“
Berlin, Ende der 60er Jahre.
Unterredung mit Frau Geheimrat Flora
von Pommer-Esche, betreffend ihren Ge-
mahl und ein Mittel zur Beruhigung von
Bismarcks Nerven.)
Bei einem Hoffest bemerkte Bismarck zu dem Geheimrat
Friedrich von Pommer-Esche: „Nun — es freut mich, daß
Sie mir widersprechen. Sie haben Charakter! Mit den
ewigen Ja-Brüdern bin ich nicht einverstanden!“ Und zu
dessen Gemahlin Flora gewandt, bemerkte er: „Ich bin ge-
stern in der Bundesratssitzung verstimmt gewesen, und dennoch
haben Sie einen famosen Mann, der kein Blatt vor den Mund
nimmt. Sein festes Verneinen hat mir imponiert. Be-
harrlich muß der Mensch sein, wenn er überzeugt ist von
der Richtigkeit seiner Sache. Wissen Sie, was ich gestern
Abend tat, unn meinen Aerger zu bändigen? Ich war ein
recht forscher Student — habe auch noch immer die Ader
*) Dem im Aprilheft 1909 der Monatsschrift „Nord und
Süd“ veröffentlichten Aufsatz von Ernst Friedegg: „Intimes aus
Hofkreisen“ entnommen, nach Briefen und Tagebuchnotizen der
1900 verstorbenen Flora von Pommer-Esche. Frau v. Pommer-
Esche irrt, wenn sie die Unterredung auf ein Hoffest vom Winter
1865 verlegt. Sie läßt ihren Gemahl als Mitglied des Bundesrats
auftreten; einen Bundesrat hat es vor 1867 nicht gegeben.