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muß alles durch unzählige Hände gehen, und wird von einem
zum andern geschoben; und ist etwas nicht richtig, so ist nie-
mand da, der verantwortlich ist und der sich zur Verantwort-
lichkeit unzweifelhaft bekennen muß. Man kann keinen fassen
und wird von einer unsichtbaren Macht geohrfeigt. Es ist
in dem Mnysteriösen, was hinter dem Kollektivnamen der
Regierung liegt, eine vehmgerichtähnliche Macht, welche es
einem immer unbehaglich macht, mit einer solchen mnstischen
Kraft zu tun zu haben. Man hat daher auch keine Sympa-=
thie selbst für gute Anordnungen, und es kann schon deshalb
von keinem Vertrauen die Rede sein. Ich kenne keine Behörde,
die so unpopulär ist; und habe mich früher mit Vergnügen
mit den Regierungen gezankt. Die Regierung in Köslin hatte
mir früher einmal als Gutsbesitzer ihr Mißfallen zu erkennen
gegeben, und ich antwortete ihr mit Behagen; ich freute mich,
in diesem Punkte wenigstens die gleiche Ansicht zu haben; die
Gefühle waren gegenseitig! — Neben einem tüchtigen Kreis-
ausschuß, welcher, aus Wahl von den Kreisinsassen hervor-
gehend, die meisten Regierungssachen auf Grund näherer Lo-
kal= und Personalkenntnis weit richtiger entscheidet, als eine
Regierung, sind freilich die Amtshauptleute sehr wesentlich;
aber es ist ganz verkehrt, wenn man jetzt die Amtshaupt-
leute auch durch Wahl bestimmen lassen will. Bei der be-
deutenden polizeilichen Autorität, die sie haben müssen, kann
man sie ebensowenig wie die Gendarmen der Wahl unter-
werfen; sie können nur durch den König ernannt werden. Eine
wesentliche Garantie dagegen liegt darin, daß sie aus den Lo-
kalkreisen besetzt werden und daß sie als Ehrenämter ver-
waltet werden. Freilich ist die Personalfrage hier, wie eigent-
lich bei allen Stellen, das Schwierigste und in den östlichen
Provinzen ist der Gemeingeist noch nicht genügend entwickelt.
Deshalb darf man aber die Idee nicht aufgeben; keiner
lernt schwimmen, der nicht ins Wasser geht. Von den reichen