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gewählt worden. Aber nach kurzem Nachdenken antwortete
ich: Ja, ohne sonst noch etwas hinzuzusetzen. Am gleichen
Tage ließ mich der König kommen und fragte mich ebenfalls,
ob ich den Posten übernehmen wolle; und da gab ich ebenso
kurz die Antwort: Ja!I Seine Majestät zeigte einige Ueber-
raschung, daß ich gar keine Fragen und Bedingungen stelle,
worauf ich erwiderte: Wenn Sie sich stark genug fühlen
mir einen Posten anzubieten, so fühle ich mich auch stark genug,
denselben anzunehmen. Ich nahm also den Posten an und
schrieb meiner Frau — diese traf die Vorbereitungen für einen
Sommeraufenthalt in einer kleinen Villa, die sie irgendwo
an der See gemietet hatte, — am nächsten Tage: ich könne
nicht kommen: ich sei bereits in Frankfurt bestallter preußischer
Legationsrat. Die Folge war bei meiner Frau für drei
Tage ein Tränenbach. Ich hatte vordem das Leben eines ein-
fachen Landedelmannes geführt, nur ein mäßiges Einkommen
bezogen, niemals eine Stelle im Staats= und diplomatischen
Dienste inne gehabt, und war kaum jemals am Hof gewesen.
Ich übernahm das Amt mit einem heiligen Schrecken vor dem
heimlichen Nichts der Diplomatie, fand aber bald heraus,
wie wenig eigentlich hinter dem ganzen Gallimathias stecke.“
hör. Herr von Bismarck erwiderte: „O, Gräfin, dann sind
Sie gewiß niemals Zeugin einer plattdeutschen Konversation ge-
wesen, und falls Sie gestatten, werden mein mecklenburgischer
Amtsgenosse und ich jetzt gleich den Versuch machen, auch Sie
von der Klangschönheit unseres nordischen Idioms zu über-
zeugen.“ Dabei blinzelte er unmerklich von Oertzen zu und be-
gann im griechischen Texte der Odyssee: „Andra moi ennepe,
Mousa, polytropon, hos mala pblla“, und der Mecklen-
burger antwortete ihm: „Planchte, epei Trokes hieron ptolie-
tron epersen usw.“ Verwundert lauschte die Reuter-Gegnerin
dieser Zwiesprache, um sich dann aber freimütig durch soviel
einschmeichelnden Wohllaut für besiegt zu erklären.