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zu tun bekommen haben; dieser Fehler ist eben nicht mehr
gut zu machen.“ Moltke erhob sich und wollte ziemlich heftig
antworten. Hier brach der Kronprinz die Unterredung ab
und führte die Herren zur Tafel. )
Versailles, 17. Januar 1870.
Konferenz mit dem König, dem Kronprinzen und
dem Hausminister v. Schleinitz, betreffend die
Kaiser-Titel-- und Rangfrage, den Titel Reichs-
kanzler, die Reichsfarben.“
Der König: „Ich lehne die Bezeichnung deutscher Kaiser
ab; entweder will ich Kaiser von Deutschland heißen oder gar
nicht Kaiser sein“.
Bismarck, (der die Formel „Deutscher Kaiser“ befür-
wortete): „Die adjektivische Form Deutscher Kaiser und die
genitivische Kaiser von Deutschland sind sprachlich und zeitlich
verschieden. Man hat Römischer Kaiser, nicht Kaiser von
Rom gesagt; der Zar nennt sich nicht Kaiser von Ruß-
land, sondern Russischer, auch „gesamtrussischer“ (wserossiski)
Kaiser. Unter Friedrich dem Großen und Friedrich Wil-
helm II. war auf den Talern Borussorum, nicht Borussiae rex
zu lesen; der Titel Kaiser von Deutschland involviert einen
landesherrlichen Anspruch auf die nichtpreußischen Gebiete,
den die Fürsten zu bewilligen nicht gewillt sind; in dem
Schreiben des Königs von Bayern ist in Anregung gebracht,
daß „die Ausübung der Präsidialrechte mit Führung des
*) Der Eintrag im Tagebuch des Kaisers Friedrich lautet
unterm 13. Januar: Unterredung Bismarck's und Moltke's bei
mir, lebhafte Debatte, der wortkarge Moltke wird beredt.
* ) Bismarck, Gedanken und Erinnerungen, Bd. II, S. 120,
das Tagebuch des Kaisers Friedrich.