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Versailles, 13. Februar 1871.
Unterredung mit dem Erzbischof von Rouen, Kar-
dinal Bonnechose, betreffend den Nachlaß der der
Stadt Rouen auferlegten Kontribution, die Wie-
derherstellung des monarchischen Prinzips in
Frankreich, die Wiedereinsetzung des Papstes in
die weltliche Macht.“
Bonnechose (zu Bismarck, der ihm beim Aussteigen aus
dem Wagen half, und den er anfänglich für den Haushof-
meister des Kanzlers gehalten hatte): „Habe ich die Ehre,
den Grafen Bismarck 2½“
Bismarck: „Ich bin es selbst — darf ich bitten, Platz
zu nehmen.“
Bonnechose wußte sehr wohl, daß es sich nicht darum
handeln konnte, an das Mitleid des Siegers zu appellieren,
das wäre unnütz gewesen; vielleicht gab er indessen nach, wenn
man ihm bewies, daß die von der Stadt Rouen in der
Höhe von 6⅛ Millionen Francs geforderte Kontribution tat-
sächlich nicht aufgebracht werden könne.
Bismarck: „Ich möchte Ihnen wohl helfen, aber ich bin
nicht Kriegsminister, Herr v. Roon ist in der Sache zuständig.
Aber besser noch, das ist Sache des Kaisers. Erbitten Sie
eine Audienz bei Seiner Majestät. Vom König, vom König
allein können Sie eine Mäßigung der erteilten Befehle er-
langen. Verhandeln Sie mit ihm, wie mit mir. Stellen Sie
sich auf den Standpunkt der Tatsachen, nicht auf den Stand-
punkt des Rechts und rechnen Sie auf den Eindruck, den Sie
hervorrufen werden. Ich weiß freilich nicht, ob er Sie wird
empfangen können. Seit einigen Tagen ist er sehr leidend. Ein
Lendenweh (lumbago) hat ihn befallen.“
“) Besson la vie du Cardinal de Bonnechose, Bd. III,
S. 142.
v. Poschinger, „Also sprach Bismarck“", Band II. 7