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Der Erzbischof erhob sich, um sich zu verabschieden, als
Bismarck ihn bat, noch einmal Platz zu nehmen. „Ich bin
ein Feind der Revolution und wünsche im Grunde die Wieder-
herstellung des monarchischen Prinzips mit Heinrich V.; ich
werfe demselben aber vor, daß es ihm an der nötigen Initiative
fehlt.“ Bismarck beklagte sich des ferneren über die Haltung
der Prinzen von Orleans und schien einer napoleonischen
Wiedereinsetzung zuzuneigen. Er halte den Kaiser für ge-
schwächt, aber besser geworden; der Kaiserliche Prinz sei zu
jung, die Kaiserin zaudere. Preußen würde sich übrigens
nicht in die innere Politik Frankreichs einmischen.
Der Kardinal ging auf diese Aeußerungen Bismarcks
nicht näher ein, und suchte dann das Gespräch auf das religiöse
Gebet zu bringen. Er warf die päpstliche Frage auf, und
hob die Gründe für die Wiedereinsetzung des Papstes in
seine weltliche Macht als Sicherheit für seine geistliche Unab-
hängigkeit hervor.
Bismarck: „Ich habe die Vorgänge in Italien nicht ge-
billigt. Napoleon hat deren ganze Tragweite nicht erkannt,
er hätte den Papst offen unterstützen sollen; Preußen hat
nicht zwei Dinge auf einmal machen können, jetzt ist es un-
möglich, Italien den Krieg zu erklären, um den Papst wieder
in seine Herrschaft einzusetzen; auch später wird man von den
protestantischen Deutschen nicht verlangen können, daß sie ihr
Blut für diese Sache vergießen; es werden sich aber andere
Mittel bieten, sie zu unterstützen und ihr zum Siege zu ver-
helfen; wir werden diese Mittel sicherlich ergreifen und davon
Gebrauch machen.“)
*) An demselben Tage (13. Februar) schickte Bismarck noch
um 9½ Uhr Abends Abeken zum König und Kronprinzen, die
beide vor der dem Kardinal gewährten Audienz etwas näheres
über ihn wissen wollten.