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Berlin, 3. Dezember 1876.
Außerung im Kronrat, betreffend die Beschickung
der Pariser Ausstellung durch Deutschland.“
Der Kaiser plädierte zuerst für die Beschickung.
Bismarck: „Es wird eine schwere Aufgabe sein, dem Pu-
blikum und dem Reichstage die Opportunität der Beschickung
plausibel zu machen. Schon der Kostenpunkt wird Anstoß
erregen. Wichtiger aber ist noch, daß in der öffentlichem
Meinung die Wertschätzung allgemeiner Ausstellungen eine
rückgängige geworden ist. Schon nach der letzten Pariser
Ausstellung, welche den Charakter eines Festes getragen, der
Industrie aber keinen materiellen Nutzen gebracht hat, ist die
Enttäuschung des Publikums eine allgemeine gewesen. Die
Ausstellungen werden eigentlich nur von zwei Kategorien von
Besuchern gewünscht: zunächst von denjenigen, welche ein Kom-
missorium und damit Auszeichnungen, hohe Diäten usw. zu
erhalten hoffen oder das Amüsement als eigentlichen Zweck
ihrer Beteiligung ansehen, sodann von denjenigen, die, wie
Krupp und ähnliche Großindustrielle, den Wunsch hegen, mit
ihren Produkten Aufsehen zu erregen. Nach Schluß der Wiener
Ausstellung ist in allen maßgebenden Kreisen, z. B. im
Reichstage, unter den preußischen Beamten usw. das Gefühl
zum Durchbruch gekommen, daß es jetzt der Ausstellungen
genug gewesen sei. Es muß angesichts dieser Erfahrungen
nunmehr die Frage aufgeworfen werden: welche Motive
sind vorhanden, dem Lande zum Zwecke der Beteiligung an
einer neuen Ausstellung große, ungewöhnliche Opfer auf-
zuerlegen. Es liegt nichts vor, als die Einladung Frank-
reichs, die im Interesse des Fremdenverkehrs und der na-
tionalen Eitelkeit ohne Rücksicht auf die Wünsche der
übrigen Staaten ergangen ist. In solchen Fragen darf die
") Tiedemann a. a. O., S. 97 f.