22 Abwesende — Abzahlungsgeschäft.
der Angeschuldigte das Recht, über das
in Beschlag genommene Vermögen unter
Lebenden zu verfügen. Die Verfügungen
des Angeschuldigten unter Lebenden sind
schlechthin nichtig, nicht allein der Staats-
kasse gegenüber. Die Fähigkeit des An-
geschuldigten, über sein Vermögen von
Todes wegen zu verfügen, wird hierdurch
nicht berührt. Der die Beschlagnahme
verhängende Beschluß ist derjenigen Be-
hörde mitzuteilen, welche für die Einlei-
tung einer Vormundschaft über Ab-
wesende zuständig ist. Diese hat eine
Güterpflege einzuleiten, C 334. An die
Stelle dieser Vormundschaft ist nach
B 1911 die Abwesenheitspflegschaft ge-
treten.
Ferner kann das Gericht einem abwe-
senden Beschuldigten sicheres Geleit er-
teilen, welches Befreiung von der Unter-
suchungshaft gewährt, jedoch nur in An-
sehung derjenigen strafbaren Handlung,
für welche das sichere Geleit erteilt ist.
Dasselbe erlischt ohne besonderen Auf-
hebungsbeschluß, wenn ein auf Freiheits-
strafe lautendes Urteil ergeht, wenn der
Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft,
oder wenn er die Bedingungen nicht er-
füllt, unter welchen ihm das sichere Ge-
leit erteilt worden ist, C 337.
In den Fällen, in welchen nach C 319
eine Hauptverhandlung gegen einen Ab-
wesenden unmöglich ist, kann dem Ab-
wesenden gegenüber ein Verfahren zur
Sicherung der Beweise, für den Fall seiner
künftigen Gestellung, durchgeführt wer-
den, C 327. Die Zulassung eines Vertei-
digers, zu dessen Wahl auch Angehörige
des Beschuldigten befugt sind, wird durch
die Abwesenheit des Beschuldigten nicht
ausgeschlossen, C 328 Abs. 1. Zeugen
und Sachverständige sind eidlich zu ver-
nehmen, C 328 Abs. 2. Der Richter ist
befugt, einem Abwesenden, dessen
Aufenthalt bekannt ist, Benachrich-
tigungen zugehen zulassen. Ein Anspruch
auf Benachrichtigung über den Fortgang
des Verfahrens steht dem Beschuldigten
jedoch nicht zu, C 329. Stellt sich erst
nach Eröffnung des Hauptverfahrens die
Abwesenheit des Angeklagten heraus, so
erfolgen die erforderlichen Beweisaufnah-
men durch einen beauftragten oder er-
suchten Richter, C 331.
‘ Eine Abart des Verfahrens gegen Ab-
wesende ist das Verfahren gegen Abwe-
sende, welche sich der Wehrpflicht ent-
zogen haben. Gegen solche Angeklagte,
welche sich des Vergehens gegen S 140
und der Übertretung gegen S 360 Ziffer 3
schuldig gemacht haben, kann die Haupt-
verhandlung in ihrer Abwesenheit statt-
finden, C 470. Für das Verfahren ist das-
jenige Gericht zuständig, in dessen Be-
zirk der Angeklagte seinen letzten Wohn-
sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im
Deutschen Reiche gehabt hat. Das Ver-
fahren kann gleichzeitig gegen mehrere
Personen gerichtet werden und die Ver-
handlung und Entscheidung ungetrennt
erfolgen, C 471. Die Erhebung der An-
klage und die Eröffnung der Unter-
suchung erfolgt auf Grund einer Er-
klärung der mit der Kontrolle der Wehr-
pflichtigen beauftragten Behörde, C 472.
Diese Erklärung ersetzt die öffentliche
Klage, den Eröffnungsbeschluß und in der
Regel auch die Beweisaufnahme. Die
Ladung . des Angeklagten zur Hauptver-
handlung erfolgt wie in dem Verfahren
gegen Abwesende; sie muß die Warnung
enthalten, daß bei unentschuldigten Aus-
bleiben der Angeklagte auf Grund der Er-
klärung der Kontrollbehörde werde ver-
urteilt werden, C 473. In der Hauptver-
handlung erfolgt die Verurteilung des ab-
wesenden Angeklagten auf Grund der
vorerwähnten Erklärung, wenn sich nicht
Umstände ergeben, welche dieser Er-
klärung entgegenstehen. Bedarf es in An-
sehung eines Angeklagten einer Beweis-
aufnahme, so ist die Sache von den
übrigen zu trennen und gesondert zum
Abschlusse zu bringen, C 475.
Wegen des Verfahrens aus C 231 siehe
das Stichwort Ausbleiben.
Loewe-Hollweg Kommentar zu C (12. Aufl 1907). —
Dalcke Strafrecht und Strafprozeß (11. Aufl 1908). Pailck.
Abwesenheit des Schuldners ist im rö-
mischen Konkurse (s. d.) Konkursgrund
(fraudationis causa lJlatitavi),. — A in
Staatsgeschäften ist im römischen Rechte
ein Grund zur Ablehnung der Vormund-
schaft. — A bei der Verjährung (s. d.),
bei der Wiedereinsetzung (s. d.).. —
Aprotest s. Protest.
Abzahlungsgeschäft nach dem
Reichsges vom 16. Mai 1894 ist ein Kauf
beweglicher Sachen, die dem Käufer so-
fort übergeben werden, bei dem der Kauf-
preis in Teilzahlungen berichtigt wer-
den soll, und bei dem der Verkäufer sich
vorbehält, wegen Nichterfüllung der dem
Käufer obliegenden Verpflichtungen vom
Vertrage zurückzutreten.