Binnenschiffahrt — Birnbaum.
zur Bnn verwendet. Andererseits gilt
auch ein Nichteigentümer im Verhältnis
zu Dritten als Schiffseigner, wenn er das
ihm nicht gehörige Schiff zur Bnn ver-
wendet und es entweder selbst führt oder
einen Schiffer einsetzt. Die Schiffseigner-
eigenschaft hat rechtliche Konsequenzen,
namentlich die Haftung des Schiffseigners
für Verschulden der Schiffsbesatzung.
Damit ein Tatbestand der Bnn vorliegt,
müssen folgende Voraussetzungen erfüllt
sein:
Es muß ein „Schiff‘“ vorhanden sein,
dieses muß zur Schiffahrt verwendet
werden, die Schiffahrt muß Bnn (im Ge-
gensatz zur Seeschiffahrt) sein. Ein Schiff
ist nicht jeder Gegenstand, der im Wasser
schwimmen kann, z. B. nicht ein Floß,
eine schwimmende Badeanstalt, ein Fisch-
kasten. Dagegen sind Vorrichtungen zur
eigenen Fortbewegung unnötig. Die Fort-
bewegung kann z. B. auch durch Schlep-
per oder Pferde geschehen.
Auch die gewöhnlichen Boote, Nachen,
Gondeln und kleinen Fahrzeuge, welche
zu Lustfahrten oder’zum Übersetzen be-
nutzt zu werden pflegen, wird man (trotz
der abweichenden Ansicht der Begrün-
dung S 36) zu den „Schiffen‘‘ zu rechnen
haben.
Ein Schiff wird nicht zur Schiffahrt ver-
wendet, wenn es z. B. auf dem Lande auf-
liegt oder dauernd festgelegt ist, um als
Schiffbrücke oder Wohnraum zu dienen.
Die Bnn steht endlich im Gegensatz zur
Seeschiffahrt. Die Frage, wie die Grenze
zwischen beiden Gebieten zu ziehen ist,
ist nicht unstreitig.
Einmal handelt es sich um die Abgren-
zung der See von den Binnengewässern.
Vgl hierzu die Bekanntmachung des
Bundesrats vom 13. Nov 1873, RGBI 367,
und vom 10. Nov 1899 (CBl 380). Die
dort angegebenen Grenzen enthalten zwar
keine authentische Interpretation der See-
fahrt, vgl Mittelstein Binnenschiff-
fahrt 1 1 Nr. 4, werden aber allgemein
anerkannt, so daß dieser Punkt keine
Schwierigkeiten bietet.
Ferner werden aber viele Schiffe zu-
gleich zur See- und Bnn verwandt. Jedes
Seeschiff fährt die Flüsse hinauf, und man-
ches Flußschiff wird einmal zur Seeschiff-
fahrt verwandt. |
Bn 1 spricht von Schiffen, die zur Bnn
bestimmt und verwendet werden. Danach
wird man zur Seefahrt bestimmte Schiffe,
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auch wenn sie im gegebenen Fall, sei es
im Anschluß an eine Seereise, sei es ohne
solchen Anschluß, zur Bnn verwendet
werden, dem Seerecht zu unterstellen
haben, ebenso wie Binnenschiffe, wenn
sie im gegebenen Fall zur Seefahrt ver-
wendet werden.
Die Bnn hat ihre besonderen recht-
lichen Tatbestände, die vielfach den Tat-
beständen der Seeschiffahrt gleichen,
dennoch aber auch zahlreiche Besonder-
heiten aufweisen. Man denke z. B. an die
Rechte und Pflichten des Schiffers, der
Schiffsmannschaft, an den eigenartigen
Tatbestand der Haverei und an den Kern
des Binnenschiffahrtrechtes, den Fracht-
und Beförderungsvertrag. Die Bestrebun-
gen, ein Sondergesetz für die Bnn zu
schaffen, gehen daher schon weit zurück.
Es entsprach der Natur der Sache, daß
sich die Normen des Binnenschiffahrt-
rechts den Normen des Seerechts, der
älteren und bevorzugteren Schwester, an-
schlossen. Die Bestrebungen führten zum
Gesetz betr die privatrechtlichen Verhält-
nisse der Bnn vom 15. Juni 1895, RGBI
301 ff. Durch die Einführung des neuen
Rechts wurden Änderungen des Binnen-
schiffahrtgesetzes erforderlich, die in
Einf-H 12 unter Nr. I—-XXII Gesetz ge-
worden sind. Auf Grund der Befugung
in Einf-H 13 hat der Reichskanzler den
neuen Text des Binnenschiffahrtsgesetzes
in der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898,
RGBl 868 ff veröffentlicht.
Stichworte: Beförderungsvertrag, Frachtvertrag, Ha-
verei, Schitffamannschaft, Seerecht.
Die Kommentare zum PBinnenschiflfahrtegesetz von
Mittelstein, Landgraf, Förtsch und Gold-
mann. Nerd.
Binnenversicherung s. Versiche-
rung.
Binnenzölle s. Finanzwirtschaft des
Reiches.
Birkenfeld, ein Teil des Großherzog-
tums Oldenburg (s. d.).
Birkwild s. jagdbare Tiere.
Birnbaum, Johann Michael Franz,
* 19. Sept 1792 zu Bamberg. Professor
der Rechte an der Universität Löwen, gab
infolge der Revolution 1830 sein Lehramt
auf und siedelte nach Bonn über, wo er
Vorlesungen hielt. 1832 wurde er Profes-
sor in Freiburg, 1833 in Utrecht, 1840 in
Gießen, wo er als Kanzler der Universi-
tät (seit 1847) am 14. Dezember 1877 7.
Unter seinen juristischen Veröffentlichungen
fanden die Schrift über Die rechtliche Natur der
Zehnten, Bonn 31, u. die Commentatio de Hugonis