Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Allgemeine Gütergemeinschaft. 51 
wendung an einen Ehegatten. Dem Ehe- 
mann steht die gerichtliche und außerge- 
richtliche Vertretung der zur Gemeinschaft 
gehörenden Masse zu, er hat die Verwal- 
tung des ganzen Vermögens und kann re- 
gelmäßig über die bewegliche Habe frei 
verfügen. Hinsichtlich der unbeweglichen 
Güter bedarf es nach den meisten Parti- 
kularrechten der Zustimmung der Ehe- 
frau; diese Grundsätze sind aber viel- 
fach modifiziert, indem die Befugnisse 
des Ehemannes zum Teil eingeschränkt, 
zum Teil wesentlich ausgedehnt wurden. 
Die Verfügungsgewalt der Ehefrau be- 
schränkte sich meist auf die sogenannte 
Schlüsselgewalt. Bei dem Ableben eines 
Ehegatten ergaben sich nach den einzel- 
nen Partikularrechten erhebliche Verschie- 
denheiten der Teilung des Vermögens. 
Im Zusammenhange mit der allgemeinen 
Gütergemeinschaft entwickelte sich das 
Institut der Einkindschaft. Die zahlreichen 
Besonderheiten der einzelnen partikular- 
rechtlichen Systeme der allgemeinen Gü- 
tergemeinschaft machten eine durchgrei- 
fende Neuregelung wünschenswert, eine 
solche ist durch das B im wesentlichen 
herbeigeführt. 
Das B regelt das System der allgemei- 
nen Gütergemeinschaft als vertrags- 
mäßiges Güterrecht im sechsten Titel des 
ersten Abschnittes des vierten Buches, B 
1437—1518. Wenn die Regelung auch al- 
ten Statuten bisheriger Partikularrechte 
nachgebildet ist, so hat das System des B 
doch eine veränderte Natur erhalten. 
Die Grundlage ist in erster Linie nicht das 
Gesetz allein, sondern der Ehevertrag, für 
welchen im allgemeinen die Bestimmun- 
gen über Eheverträge, B 1432 ff, maß- 
gebend sind, indessen mit einigen Modi- 
fikationen. Nach B 1437 kann nämlich 
ein Ehevertrag, durch den die allgemeine 
Gütergemeinschaft vereinbart oder aufge- 
hoben wird, nicht durch einen gesetz- 
lichen Vertreter geschlossen werden: bei 
Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten ist 
die Errichtung eines derartigen Ehevertra- 
ges also überhaupt ausgeschlossen. Ein 
beschränkt Geschäftsfähiger bedarf der 
Zustimmung seines gesetzlichen Vertre- 
ters, und wenn letzterer ein Vormund oder 
Pfleger ist, muß außerdem die Genehmi- 
gung des Vormundschaftsgerichts einge- 
holt werden. Das Vermögen des Mannes 
und das Vermögen der Frau werden durch 
die allgemeine Gütergemeinschaft ge- 
  
meinschaftliches Vermögen beider Ehe- 
gatten. Neben diesem als Gesamtgut im 
B bezeichneten gemeinschaftlichen Ver- 
mögen sind getrennte Güter, sogenannte 
Einhandsgüter, möglich, nämlich als Son- 
dergut und als Vorbehaltsgut. Zu dem 
Gesamtgut gehört regelmäßig sowohl das 
Vermögen, welches zur Zeit der Eheschlie- 
Bung jeder der beiden Ehegatten besitzt, 
wie dasjenige, was von jedem einzelnen 
während des Bestehens der Gütergemein- 
schaft erworben wird. Bei der Eheschlie- 
Bung werden die einzelnen Vermö- 
gensgegenstände ipso jure zum Ge- 
samtgut, ohne daß es einer Über- 
tragung durch Rechtsgeschäft bedarf. 
Das Rechtsverhältnis ist in Überein- 
stimmung mit den das Gesellschafts- 
vermögen betreffenden Vorschriften, B 
718—720, als Gemeinschaft zur gesamten 
Hand gestaltet, so daß keiner der Ehegat- 
ten über seinen Anteil verfügen kann, 
auch nicht berechtigt ist, Teilung zu ver- 
langen. Zu dem Sondergut gehören die- 
jenigen Gegenstände, welche nicht durch 
Rechtsgeschäft übertragen werden kön-. 
nen, z. B. Lehen-, Stamm-, Fideikommiß- 
güter, gewisse Bauerngüter, höchstper- 
sönliche Rechte u. dgl. Auf das Sonder- 
gut finden die bei der Errungenschafts- 
gemeinschaft (siehe diese) für das einge- 
brachte Gut geltenden Vorschriften ent- 
sprechende Anwendung, mit Ausnahme 
von B 1524. Unter den Begriff des Vor- 
behaltsguts fällt das, was durch Ehever- 
trag für Vorbehaltsgut eines der beiden 
Ehegatten erklärt ist, ferner was von 
einem der ‚Ehegatten durch Erbfolge, 
durch Vermächtnis oder als Pflichtteil er- 
worben und was ihnen unter Leben- 
den von einem Dritten unentgeltlich zuge- 
wendet wird, wenn der Erblasser durch 
letztwillige Verfügung, der Dritte bei 
der Zuwendung bestimmt hat, daß der 
Erwerb Vorbehaltsgut sein soll, schließ- 
lich was jeder der Ehegatten auf Grund 
eines zum Vorbehaltsgute gehörenden 
Rechtes oder als Ersatz für die Zer- 
störung, Beschädigung oder Entziehung 
eines zu dem Vorbehaltsgute gehören- 
den Gegenstandes oder durch ein 
Rechtsgeschäft erwirbt, welches sich 
auf das Vorbehaltsgut bezieht, B 1440, 
Abs 2, 1369, 1370. Das Vorbehaltsgut 
des Mannes wird von ihm autokratisch 
verwaltet, auf das Vorbehaltsgut der 
Frau finden die bei der Gütertrennung 
4°
	        
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