Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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protokoll vom 7.-Nov 1818 und den Bun- 
desbeschluß vom 19. Aug 1825 das Recht 
der Ebenbürtigkeit (s. u.) garantiert. 
Die gegenwärtigen Vorrechte des „hA“ 
in Deutschland und Österreich sind teils 
öffentlichrechtlicher Natur, teils gehören 
sie dem Privatrechte an. Die Sonder- 
rechte öffentlichrechtlicher Natur sind in 
den einzelnen Staaten, unter welche die 
standesherrliche Unterordnung erfolgt ist, 
nicht ganz gleichmäßig festgesetzt. Im 
allgemeinen bestehen sie in folgendem: 
in höfischem Vorrang vor dem übrigen 
Landesadel; dem Gebrauche gewisser 
Prädikate und Titel (Durchlaucht, Er- 
laucht) und einem gewissen Kanzleizere- 
moniell; dem Genusse gewisser prozeß- 
rechtlicher Privilegien und einem privile- 
gierten Gerichtsstande; unbeschränkter 
Freiheit des Aufenthaltes; Befreiung von 
der Militärpflicht und der Quartierleistung 
im Frieden; Ausübung der niederen Re- 
gierungsrechte und Regalien; dem Rechte 
auf erbliche Mitgliedschaft in der Ersten 
Kammer. Über das nur den Häuptern der 
standesherrlichen Familien zustehende 
„Recht auf Austräge‘ s. Einf-G 7. Die 
Steuerbefreiung ist landesrechtlich teils 
beschränkt, teils gänzlich aufgehoben. 
Dem Privatrechte gehört vor allem das 
Recht der „Autonomie“ an. Durch die 
Bundesakte sind nämlich nicht nur die 
noch bestehenden Familienverträge der 
Mediatisierten aufrecht erhalten worden, 
sondern es ist ihnen auch die Befugnis 
zugesichert, über ihre Güter und Familien- 
verhältnisse verbindliche Verfügungen zu 
treffen, die jedoch dem Landesherrn 
vorgelegt und bei den höchsten Landes- 
stellen zur allgemeinen Kenntnis und 
Nachachtung gebracht werden müssen. 
In manchen Einzelstaaten ist jetzt sogar 
die Genehmigung des Landesherrn erfor- 
derlich, s. Einf-B 58. Über das sog 
„Deutsche Privatfürstenrecht‘“ s. d. 
Das Recht der Ebenbürtigkeit oder 
Ebenburt ist eines der umstrittensten Ge- 
biete des deutschen Rechtes. Nur ganz 
wenige Sätze sind völlig unbestritten. 
Diese sind: Hausrecht geht dem gemei- 
nen Ebenburtsrecht vor; im Zweifel ist 
die Geltung des Ebenbürtigkeitsprinzips 
anzunehmen. Hausrechtlich kann aber 
die Ebenbürtigkeit, als Ehevoraussetzung, 
beseitigt werden. Wo sie nicht besei- 
tigt ist, ist Ebenbürtigkeit die Voraus- 
setzung für den Eintritt der Ehefrau in den 
  
Hoher Adef — Höherer im Dienstrange. 
Stand des Mannes. Der Bürgerstand ist 
gemeinrechtlich unebenbürtig. Für die 
Zugehörigkeit der Nachkommenschaft ist 
Voraussetzung: eheliche Geburt aus eben- 
bürtiger Ehe. Hinsichtlich alles Übrigen 
und namentlich des Streitigen muß auf die 
Literatur verwiesen werden. 
Heffter Die Sonderrechte der souveränen und der 
mediatisierten vormals reichsständischen Häuser Deutsch- 
lands, Berlin 71; Hammann Die deutschen Standes- 
herren und ihre Sonderrechte, Donaueschingen 88; Meyer 
Lehrbuch des deutschen Stastarechts, 6. Aufl, Leipzig 05, 
229; v. Holtzendor£tf-Kohler Enzyklo e der 
htewissenschaft, 2. Bd, Leipzig und Berlin 04, 5361; 
Rehm Prädikat- und Titelrecht der deutschen Standes- 
herren, München 05; Göhrum Geschichtliche Darstellung 
der Lehre von der Ebenbürtigkeit, 2 Bde, Tübingen 46 f; 
Bollmann Die Lehre von der Ebenbürtigkeit in deut- 
schen nhäusern usw, Göttingen 97: Hauptmann 
Das Ebenbürtigkeitsprinzip in den Famillen des deutschen 
Hochadels, Archiv für öflentliches Recht XVII 529 ff. 
Kekule von Stradonitz. 
Höhere Gewalt s. Gefahr. 
Höherer im Dienstrange, wichtiger, 
aber nirgends erläuterter oder umgrenzter 
militärrechtlicher Begriff; Heeresverfas- 
sung und Dienstvorschriften bestimmen, 
welche Militärpersonen im Verhältnis zu 
anderen als im Dienstrange höherstehend 
anzusehen sind. Der Begriff kann bei 
Personen des Soldatenstandes wie bei Mi- 
litärbeamten zutreffen; er deckt sich nicht 
mit dem Begriff des „Vorgesetzten‘‘, da 
es Vorgesetzte ohne höheren Rang wie 
Ranghöhere ohne Vorgesetzteneigen- 
schaft gibt. So sind im rechtlichen Sinne 
im Dienstrang höher 1. die ranghöheren 
Offiziere derselben Hauptklasse, z. B. 
Oberstleutnant — Major, Oberleutnant — 
Leutnant (soweit nicht im Einzelfall ein 
Vorgesetztenverhältnis besteht); 2. das- 
selbe trifft bei den Sanitätsoffizieren und 
Ingenieuren des Soldatenstandes zu; 
3. die mit dem Offiziersseitengewehr aus- 
gerüsteten Unteroffiziere gegenüber an- 
deren Unteroffizieren; 4. Oberdeckoffi- 
ziere gegenüber den Deckoffizieren ; beide 
gegenüber sämtlichen übrigen Unteroffi- 
zieren; 5. Musikmeister und Obermusik- 
meister gegenüber den übrigen Unterof- 
fizieren; 6. obere Militärbeamte gegen- 
über sämtlichen Unteroffizieren und 
Mannschaften (nicht dagegen z. B. Ser- 
geanten gegenüber Unteroffizieren, Ge- 
freite gegenüber Gemeinen). Zweifelhaft 
ist das diesbezügliche gegenseitige Ver- 
hältnis von Offizieren, Sanitätsoffizieren, 
Ingenieuren und oberen Militärbeamten, 
z. B. hinsichtlich der Frage, ob ein Gene- 
raloberarzt gegenüber einem Major im 
Dienstrange höher ist. Man wird zu dem 
Ergebnis gelangen müssen, daß nicht nur 
innerhalb der gleichen Kategorie für den
	        
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