Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

aberratio ictus — Abgeordnetenhaus. 5 
hauer). Beispiel: A schießt auf B, trifft 
aber den danebenstehenden C. In diesem 
Falle liegt versuchte Tötung des B und 
fahrlässige Tötung des C in idealer Kon- 
kurrenz vor; so RG 2 335; 3 385, 
Dagegen nahm die gemeinrechtliche Lehre vorsätzliche 
Tötung des C an; ihr haben sich angeschlossen v. Liszt 
LehrbätrR'' 178; Finger StrR 1 254; Frank Komm’ 
185; Beling Lehre vom Verbrechen 325. 
Aberrecht im Volke ist die verkehrte, 
verworrene, unklare, in jedem Falle un- 
richtige Auffassung dessen, was Rechtens 
ist. Sie beruht in der Hauptsache auf 
schlechter Überlieferung, mangelhafter 
Beobachtung, unzulässiger Verallgemei- 
nerung und hat die Tendenz, gewohn- 
heitsmäßig tradiert zu werden. 
Vgl Posener in Juristenwelt 8 42. 
Abessynien, absolutes Kaiserreich 
unter einem Negus, dessen Unabhängig- 
keit von Italien im Frieden von Addis 
Abeba vom 26. Okt 1896 anerkannt 
wurde. 
vgl Posener 'eld oder Abzupe es Erdballs, 1909. 
Abzugs 
Abfahrtsgeld oder geld, Nach- 
steuer, gabella emigrationis, ist derjenige 
für den Staat abgezogene Betrag, den ein 
Auswandernder von seinem Vermögen 
entrichten muß. 
Wegen Beseitigung des A siehe Abschoß. 
Abfall von der Kirche, Apostasie. 
Abfertigungsdienst ist die Tätigkeit 
der Eisenbahnbeamten zwecks Vorberei- 
tung der Beförderung von Personen, Rei- 
segepäck, Fahrrädern, Leichen, lebenden 
Tieren, Gütern usw. 
Vgl E14, 92, 44, 48, 61, 63, 66, 67. 
Abfindung ist eine Bauschsumme, die 
zur Vermeidung umständlicher Feststel- 
lungen (mit unausbleiblichen Streitigkei- 
ten) vereinbarungsgemäß gezahlt wird. 
Siehe Anerbenrecht, Rentengut. 
Abfindung des vorgehenden Pfand- 
gläubigers s. ius offerendi et succedendi. 
Abfuhrsystem ist das Prinzip, die Fä- 
kalien in Tonnen und Gruben anzusam- 
meln und durch Mistwagen abzufahren ; 
der modernen Hygiene erscheint dagegen 
die Kanalisation (s. d.) unentbehrlich. 
Abführung aus dem Sitzungszimmer. 
Durch Gerichtsbeschluß können Parteien, 
Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige 
oder Unbeteiligte wegen Ungehorsams 
aus dem Sitzungszimmer entfernt, auch 
zur Haft bis höchstens 24 Stunden abge- 
führt werden, G 178. 
Abgaben s. Beiträge, 
Steuern. 
Abgeleiteter Besitz s. Besitz. 
Abgeordnetenhaus in Preußen. Die 
Gebühren, 
  
Verfassung bestimmte die Zahl der Mit- 
glieder des Hauses der Abgeordneten (Be- 
zeichnung durch Gesetz vom 30. Mai 
1855 — GS 316 — an Stelle des früheren 
Namens — Il. Kammer — eingeführt) auf 
350, V 69, jedoch schon durch die erste 
Verfassungsänderung (Gesetz vom 30. 
April 1851 — GS 213) wurde die Zahl 
auf 352 erhöht. Die beiden neuen Abge- 
ordneten sollten in den Fürstentümern 
Hohenzollern gewählt werden. Nach dem 
Gesetz vom 17. Mai 1867 (GS 1481, 1482) 
traten, sobald die Verfassung in den neu 
erworbenen Landesteilen (Hannover, Kur- 
hessen, Nassau und Frankfurt a. M., Ge- 
setz vom 20. September 1866 — GS 555, 
556 — ; Schleswig-Holstein und die abge- 
tretenen bayerischen und Großherzoglich 
hessischen Gebiete, Gesetze vom 24. Sep- 
tember 1866 — GS 875, 876) Geltung er- 
langt hatte (1. Oktober 1867), der bis- 
herigen Zahl der Mitglieder 80 Abgeord- 
nete aus diesen Landesteilen hinzu. Nach- 
dem durch Gesetz vom 23. Juni . 1876 
(GS 172) das Herzogtum Lauenburg mit 
der preußischen Monarchie vereinigt war, 
wurde die bisherige Zahl der Abgeordne- 
ten um 1 vermehrt. Durch Gesetz, be- 
treffend Vermehrung der Mitglieder des 
Hauses der Abgeordneten und Ände- 
rungen der Landtagswahlbezirke und 
Wahlorte, vom 28. Juni 1906 (GS 313 ff) 
wurde die Zahl der Mitglieder des Hauses 
der Abgeordneten auf 443 festgesetzt. 
Die Bildung des Abgeordnetenhauses 
erfolgt durch allgemeine, mittelbare, 
öffentliche und auf dem Dreiklassenwahl- 
recht beruhende Wahlen. Das Wahlver- 
fahren ist geregelt in der Verordnung über 
die Ausführung der Wahl der Abgeord- 
neten zur Il. Kammer vom 30. Mai 1849 
(GS 205 ff), mehrfach abgeändert, haupt- 
sächlich durch Gesetz, betreffend Ände- 
rung des Wahlverfahrens, vom 29. Juni 
1892 (GS 103 ff), und Gesetz, betreffend 
Abänderung der Vorschriften über das 
Verfahren bei den Wahlen zum Hause 
der Abgeordneten, vom 28. Juni 1906 (GS 
318 ff). Zur Ausführung dieses Gesetzes 
hat das Staatsministerium das Reglement 
über die Ausführung der Wahlen zum 
Hause der Abgeordneten vom 14. März 
1903 / 20. Oktober 1906 erlassen (MBl für 
die ges. innere Verw 07 1ff). Bis zum 
Erlasse des in V 72 vorgesehenen 
Wahlgesetzes bleibt die Verordnung vom 
30. Mai 1849 in Kraft, V 115. Dieses
	        
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