$ 27. Die Fluß- und Kanalschiffahrt. 195
den Uferstaaten im allgemeinen Interesse über die Durchführung der
Schiffahrtsfreiheit zu wachen.
Dazu tritt in den späteren Vereinbarungen (noch nicht in den
Rheinschiffahrtsakten) die sogenannte „Neutralisierung‘‘, besser „Be-
friedung“ ; d. h. der Stromlauf selbst, die zur Erhaltung der Schiff-
barkeit errichteten Anstalten und die überwachenden Kommissionsmit-
glieder sowie ‘ihre Angestellten werden von der Staatsgewalt der Ufer-
staaten befreit.
Ho. Die Rechtsverhältnisse der Donau.?)
1. Die Freiheit der Donauschiffahrt, die Rußland im Frieden
zu Adrianopel 1829 für sich allein in Anspruch genommen, aber in
dem Vertrag mit Österreich vom 25.Juli 1840. (Strupp I 291) allen
Mächten zugestanden hatte, wurde erst durch die Art.15 bis 19 des
Pariser Friedens vom 30. März 1856 (s. Anhang) auf feste Grundlagen
gestellt. Eine europäische Kommission (Art.16), bestehend aus
den Vertretern der Signatarmächte, wurde mit der Aufgabe betraut, die
„Mündungen der Donau, sowie die Teile des daran stoßenden Meeres
von dem die Passage hindernden Sande und anderen Hemmnissen zu
befreien.‘ Sie sollte ihre Aufgabe in zwei Jahren beendigen und sich
dann. wieder auflösen. Daneben wurde eine Uferstaatenkommis-
sion eingesetzt. Sie hatte die Aufgabe, die Fluß-, Schiffahrts- und
Polizeireglements auszuarbeiten und nach Auflösung der Europäischen
Kommission deren Befugnisse zu übernehmen. Sehr bald stellte
sich jedoch die Notwendigkeit heraus, das Mandat der Europäischen
Kommission zu verlängern, während die ‚permanente Uferstaatenkom-+
mission“ kein rechtes Leben zu entfalten vermochte (vgl. oben
8 18 II).
2. Die von der Uferstaatenkommission ausgearbeitete Schiffahrts-
akte vom 7. November 1857 (Straupp I 292), welche die Fahrt zwischen
den einzelnen Donauhäfen („petit cabotage“) den Uferstaaten vor-
behielt und den Schiffen der übrigen Mächte nur die Fahrt vom offe-
nen Meer bis zu einem Donauhafen oder umgekehrt freigab, wurde von
den Mächten auf der Pariser Konferenz von 1858 verworfen; sie ist
aber noch heute als Akte vom 9. Januar 1858, in Widerspruch mit dem
Pariser Frieden, in Österreich-Ungarn in Geltung.
5) Vgl. Engelhardt, R.J.XV5, 340, XVI360. Jellinek, H. St. III
549. Sturdza, Recueil de doouments relatifs A la libert& de navigation du Danube
1904. Gusti, Preußische Jahrbücher CXVIII 2356. Radu, Die Donauschiffahrt
in ihrer völkerrechtlichen Entwicklung. Berliner Diss. 1909. Dermorgny,
La question du Danube 1911. v. Ullmann bei v. Stengel-Fleischmann I
604. Pitisteano, La question du Danube. 1914. v. Dungern, N. Z. XXVI 510.
Bleyer, Die zwischenstaatliche Regelung des.öffentlichen Donaurechts. 1916.
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