164 Sechstes Buch. Zweites Capitel.
schätzung des baaren Geldes zusammenhing: allein abgesehen hievon,
war es doch von der dringendsten Nothwendigkeit, den gewerbetrei-
benden Theil der Bevölkerung dem Verderben zu entreißen, in den
ersten Bedürfnissen des Lebens nicht ganz von dem Ausland abhängig
zu werden. Wer wollte es tadeln, daß man der fremden Arbeit
eigenen Fleiß entgegensetzte, und das Unentbehrliche selbst hervorzu-
bringen suchte. Die deutsche Nation durfte die gewerbliche Thätig-
keit nicht aufgeben, welche in früheren Jahrhunderten einen so wich-
tigen Bestandtheil des städtischen Lebens ausgemacht hatte.
An seiner Stelle fand nun König Friedrich Wilhelm in dem
Bedürfniß der Armee ein Mittel, die Manufactur zu heben, indem
er ihr eine umfassende Beschäftigung anwies. Er wollte, daß die
Bekleidung der Armee ganz durch einheimischen Stoff beschafft würde.
Einer der früheren Minister, der bei dem neuen König übrigens wenig
in Gunst stand, erwarb sich doch das Verdienst, den Gedanken aus-
führbar zu machen. Noch war die einheimische Manufactur in Allem,
was zur Bekleidung der Soldaten gehörte, gerade in diesem Punkt
sehr mangelhaft; es war schon ein Gewinn, daß nur zuerst die Ar-
beit der Weber zum Verbrauch benutzt ward. Bald aber sah man
doch, daß das nicht zum Ziele führte: die Arbeit war schlecht, der
Preis viel zu hoch dafür, und man fand nöthig, noch stärker in das
Gewerbe einzugreifen. Jener Minister, der Generalempfänger Kraut,
zog geschicktere Arbeiter heran, und wußte den Preis der Wolle mit
dem Gelde, das man aufzuwenden hatte, in Verhältniß zu bringen.
Nach einiger Zeit gelang es, zugleich feine und wohlfeile Tuche zu
erzielen, welche nicht nur die ausländischen verdrängten, sondern auch
selber Eingang in fremde Länder fanden; bald zeigte sich mehr ein
Mangel, als ein Ueberfluß an Wolle; das Lagerhaus, so nannte man
das Institut, beschäftigte tausende von fleißigen Händen in Berlin,
und im ganzen Lande 7).
Friedrich Wilhelm hielt darüber, daß der Soldat allezeit in
sauberer Kleidung einherging, ein Jeder immer mit zwei Monturen
versehen war. Bald aber legte er auch der Ritterschaft und den
Unterthanen als eine Pflicht auf, seinem und seiner Armee Beispiel
Ländern Geld im Lande. Manufacturen im Lande ein recht Bergwerk ge-
nannt werden kann. Ein Land ohne Manufactur ist ein menschlicher Körper
sonder Leben, ergo ein todtes Land, das beständig baurre und elendiglich ist
und nicht zum Flor sein Tagelang gelangen kann.
1) König, Berlin IV, 1, 23. 2, 185.