Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

454 Achtes Buch. Siebentes Capitel. 
standes, eine Kenntniß der Welt und der eigenen Lage, die man bei 
einer jungen Dame nicht suchen darf. Maria Theresia glaubte das, 
was ihrem Gefühle entsprach; noch immer hielt sie die von ihrem 
Vater geschlossene Allianz für die beste; sie überredete sich noch, bei 
Fleury etwas auszurichten, wenn sie ihn an das Vertrauen erin- 
nerte, das Carl VI zu ihm gehabt habe 1). Wenn sie aber verehrte, 
vertraute, liebte, so war sie auch fähig zu hassen: wie hätte ihr Haß 
nicht auf einen Fürsten fallen sollen, der eine ihrer schönsten Pro- 
vinzen mitten im Frieden mit einem Kriegsheer überzogen hatte, von 
dessen Berechtigung ihr keine Jdee kam, den man ihr als einen 
Mann ohne Religion und ohne Treue schilderte? 
Auch Betrachtungen von dem Standpunkt der katholischen Kirche 
aus machten sie ungeneigt, in irgend eine Abtretung zu willigen. 
Dem Nuntius und den Jesuiten erschien es schon als höchst ge- 
fährlich, daß nur Glogau aufgegeben werden solle — denn es werde 
eine Pflanzschule jetzt nicht mehr allein für das Lutherthum, sondern 
für den noch verderblicheren Calvinismus werden — geschweige daß 
man von der Verzichtleistung auf ganz Niederschlesien hätte reden 
dürfen. 
Diese Gedanken walteten noch vor, als die Erklärung vom 
24. Mai gegeben wurde. 
Bald darauf mußte Bartenstein nun wohl zugeben, daß Frank- 
reich die Waffen nicht für Oesterreich ergreifen dürfte, dann aber 
behauptete er wenigstens, daß es auch keinen Angriff auf die Königin 
machen werde; er bewies seinen Satz mit den Anständen, die dem 
Marsch der spanischen Truppen, welche durch das südliche Frankreich 
vorrücken wollten, entgegengesetzt wurden 2). Nur eine Differenz, die 
über das Kaiserthum, erkannte er an, aber von dieser besorgte er nichts 
1) Aus einem langen Schreiben, das sie an den Cardinal gerichtet hatte, 
werden 26. Mai die Worte citirt: qufelle donnera toutes les suretés qui 
dépendent d'’elle, pour assurer la France, qu'elle n’entreprendra jamais 
rien contre elle. Als Belleiele in Dresden war, lud man ihn ein nach 
Wien zu kommen, weil man aus Frankreich das meiste Vertrauen setze; „por 
la defendre contre le roi de Prusse ct autres princes, qui voudroient 
enfreindre la pragmatique.“ 
2) On sait, due la prétendue exception des prétentions et demandes 
anterieures à la pragmatique sanction lui (à la France) sert de pré- 
texte pour ne pas vouloir appuyer par les armes le droit de la suc- 
cession de la reine — mais en meme tems on à des avis, — due le 
Dassage M’est pas accordé aux troupes Espagnoles et on a tout lieu,
	        
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