456 Achtes Buch. Siebentes Capitel.
können, daß dieser Fürst zu seiner neuen Allianz fast wider Willen
gezwungen worden sei. Er sagte nur in dem ritterlichen Tone, der
ihm in diesem Lebensalter eigen war: dann bleibe nichts übrig, als
mit dem Schwert in der Hand unterzugehen.
Denn daran konnte kein Zweifel obwalten, daß der gefährlichste
Kampf bevorstand, den Oesterreich jemals ausgehalten hatte.
Auf eine dringende Anfrage des österreichischen Gesandten gab.
endlich Cardinal Fleury die auf seine Art unumwundene Antwort:
er fordere Gerechtigkeit für seine Freunde und Verbündete. Man
erkannte, daß er damit Spanien, Baiern, vielleicht auch Sachsen meine,
daß alle diese unter französischer Führung ihre Kräfte zu einem Anfall
auf Oesterreich vereinigen würden.
Gegen einen solchen aber hatte Oesterreich nichts einzusetzen. Die
einzige Armee, die es besaß, wurde von dem König von Preußen be-
drängt. Es war noch nichts geschehen, um die Provinzen wehrhaft
zu machen oder sich auch nur ihrer Ergebenheit zu versichern. Der
Reichstag von Ungarn, der in diesem Augenblick in Presburg 1) bei-
sammen war, und bei dem die Königin selber erschien, trat mit An-
sprüchen auf, welche ein früherer Regent schwerlich bewilligt haben
würde. Einen Verbündeten, der das Schwert hätte ziehen wollen,
besaß man nicht. Der mit dem Hofe vertraute braunschweigische Ge-
sandte :) weiß nicht auszusprechen, „mit welchen kummervollen Ge-
danken man sich geschlagen habe“; jetzt endlich werde vielen, welche
vor ein paar Monaten nichts davon hören wollen, einleuchtend, daß
nur der Friede in Schlesien helfen könne.
Dahin trieb auch die einzige Macht, die noch einigen Rückhalt
darbot, England.
König Georg II, der soeben den Tractat über die von dem
Parlament bewilligten Subsidien abschloß, ließ dabei erklären, er hoffe
1) Vgl. Bartenstein, Aufzeichnungen, S. 175. Der Königin könne un-
möglich der betrübte Tag nach dem Fest der heiligen Katharina entfallen sein
und die im Hause des Primas in ihrer Gegenwart abgehaltene Conferenz, in.
welcher man vorgestellt habe, das Land ob der Enns, ganz Schlesien und
Mähren, außer Brlinn, ganz Böhmen, außer eines kleinen Bezirks, und ein
Theil des hiesigen Viertels Obermannshartsberg wären in feindlicher Gewalt,
die Vorlande abgeschnitten, und es hieß, daß man weder Truppen, noch Geld,
noch Proviant hätte, um den Krieg mit zu hoffen mögenden besserm Fortgang.
führen zu können, mithin kein Mittel, den Ueberrest zu retlen, vorhanden wäre,
als den Frieden nach dem Stand, wie die Sachen liegen, oder dem utsi possi-
detis, wenn es möglich, zu schließen. .
2) Bon Moll: „Es ist ein Unglück hier, daß man eine Sache nicht
glaubet, bis man sie sithet.“