Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Schlacht von Chotusitz. 525 
zündete sich der härteste Kampf. Der Wuth des Angriffes entsprach 
die Hartnäckigkeit der Vertheidigung. Graf Königsegg hat gesagt, so 
viel Schlachten er schon bestanden, so habe er doch nie ein so mör- 
derisches Handgemenge gesehen. Von dem prinzanhaltischen Regimente, 
welches das äußerste war und sich hinter dem Dorfe wieder setzte, 
sind über zwei Drittheile der Leute auf der Stelle geblieben. Nicht 
alle schlugen mit gleichem Nachdruck:; was die Bewunderung der 
tapfern österreichischen Führer in dieser getümmelvollen Stunde am 
meisten erregte, war die durch die lange Uebung erworbene Fertigkeit 
der Preußen, sich immer auf andere Weise wieder in Ordnung zu 
stellen; unaufhörlich sah man die schon Geschlagenen wieder vorrücken. 
Doch wurden die Mannschaften auch von geistigen Motiven in Be- 
wegung gesetzt. Hier war es, wo jener Feldprediger, dessen wir zu- 
weilen gedachten, sich unter die Weichenden mischte und mitten in dem 
Kleingewehrfeuer, das ihn umsauste „wie Mückenschwärme“, durch die 
wohlbekannte vertraute Stimme, welche die Gemüther oft zu guten 
Entschlüssen angeregt hatte, einige Rotten zum Stehen brachte 7). 
Niemand kümmerte sich um das indeß der Plünderung der Husaren 
und Panduren preisgegebene Gepäck. Auch die zurückgeworfene preu- 
ßische Reiterei, im Namen Gottes und des Königs aufgefordert, sam- 
melte sich aufs neue. Es kam hinzu, daß das brennende Dorf dem 
Vordringen der Oesterreicher hinderlich wurde. Allmählich konnten die 
Preußen wieder aufathmen: sie verstärkten die erste Linie mit der 
zweiten und schickten sich an, das Dorf wiederzunehmen. 
Doch schwankte noch das Geschick des Tages: der Ruhm, es ent- 
schieden zu haben, gebührt dem König. Dem Talent des Feldherrn 
kommt darum ein so hoher Rang zu, weil Wahrnehmen, Denken und 
Handeln nirgends so vollständig ineinander greift, wie auf dem Schlacht- 
feld, wo kein Fehler wieder gut zu machen, der verlorene Augenblick 
unwiederbringlich ist. Durch eine leichte Schwenkung besetzte Friedrich 
mit seinem rechten Flügel eine vor ihm liegende Anhöhe und erschien 
in der Flanke der Feinde. Seine Bataillone hatten noch ihre Gewehre 
über die Schulter: furchtbar machte sie besonders das Geschütz, das 
vor ihnen herfuhr oder von einer andern Seite her ihren Anfall 
mit geschickter Beweglichkeit unterstützte. Friedrich hatte im vorigen 
1) Das Schreiben Segebarts findet sich vollständig in einem Hefte des 
Kriegsministeriums, betitelt: Rare alte Papiere. Friedrich gedenkt noch eines 
Postmeisters, der an dem Kampfe Antheil nahm, statt bei der Bagage zu blei- 
ben: à Jordan 5. Juni, VIII, 188.
	        
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