Chemnitz und Pufendorf. 595
de ratione status in imperio Komano-Germanico“, ein Buch, das sich den
Ideen, auf die das Kaiserthum unter Ferdinand II noch seine Ansprüche zu
gründen suchte, als sei es eine directe Fortsetzung des altrömischen, mit ent-
scheidendem Erfolg entgegensetzte.
Aber von noch größerem Werthe und noch heute eine der vornehmsten
Quellen unserer Kunde ist sein historisches Werk über den schwedischen Krieg
in Deutschland. Chemnitz wurde Historiograph von Schweden, und als solcher
beauftragt, die Geschichte des von Gustav Adolf in Deutschland unternommenen
Krieges zu schreiben. Nicht übel sagt er: wenn einst Achill von Alexander
dem Großen glücklich gepriesen worden sei, daß er einen Homer gefunden, so
müsse er umgekehrt sich glücklich preisen, daß er seine Kräste einem Helden
widmen dürfe, dessen Trefflichkeit seinen bisher unbekannten Namen in alle
Welt tragen werde; er gebe seinem Helden nicht Unsterblichkeit, sondern em-
vlang- sie vielmehr von ihm.
Was ihn vor den übrigen Geschichtschreibern der Zeit auszeichnete, war
die Benutzung des schwedischen Archivs. Er schöpfte, wie er sagt, aus dem
lauteren Brunnen, nicht aus den trüben Lachen der gemeinen Scribenten. Er
betont, daß er seine Nachrichten über die gepflogenen Unterhandlungen aus
den ächten Urkunden darüber, und seine Erzählungen der Ereignisse aus den
Relationen solcher, die bei den Sachen gewesen, entnehme; niemals weiche er
ohne guten Grund von Anderen ab.
So hatten einst italienische Geschichtsschreiber, wie Adriani, aus dem flo-
rentinischen Archiv geschöpft, die venetianischen Staatshistoriographen aus dem
venetianischen; Thuanus hatte mannichfaltig authentische Kunde gehabt. Neu
war es, daß ein großes, welthistorisches Ereigniß aus den eigensten Papieren
derjenigen, durch die es vollzogen worden, erläutert wurde. Dahin ging der
ursprüngliche Auftrag, der ihm im Jahre 1643 ertheilt worden ist, „historiam
belli Germanici zu compiliren“ und dieselbe glaubwürdig abzufassen. Zu An-
fang des nächsten Jahres ist ihm dann das schwedische Archiv im weitesten Um-
fang für ältere und neuere Geschichte geöffnet worden. Schon 1648 erschien
der erste Theil des Werkes in Stettin; der zweite ist 1653 in Stockholm
herausgekommen; er umfaßt die ganze Verwaltung Oxenstierna's bis zu seiner
Abreise aus Deutschland, von 1632— 36. Man hat früher wohl behauptet,
das Buch sei ein Werk Oxenstierna's selbst, und ohne Einfluß darauf ist der-
selbe nicht gewesen. Chemnitz sagt in der Dedication, daß er des Reichskanzlers
beim deutschen Krieg gehaltene Consilien aus dessen eigenen Schreiben und
Relationen, zum Theil auch aus dessen mündlicher Insormation kennen ge-
lernt habe. Der Reichskanzler war der große Gönner und Förderer des
Historiographen. Das Gut Hallstad, das er auf eigene Kosten von der Krone
eingelöst hatte, überlieh er an Chemnitz, der daselbst 1678 gestorben ist.
Aus Oxenstierna's Popieren ist Einiges auch anderweit bekannt geworden
(3. B. in Geijers Schwedischer Geschichte Bd. 3); unter anderm ein Bericht
vom Jannar 1633 Über den damaligen Aufenthalt des Reichskanzlers in
Dresden. Was Geijer daraus miltheilt, hat einige allgemeine Bemerkungen
mehr, als der Auszug bei Chemnitz; von dem Gang der Unterhandlung aber
könnte man sich aus Geijers Auszug keinen Begriff bilden. Chemnitz, mit dem
Geijer meist wörtlich übereinstimmt, ist doch bei weitem unterrichtender.