Jugendjahre Friedrichs II. 70
sessen, die erste Erziehung, die so viel bedeutet, geleitet zu haben0.
Den Fehler wenigstens, den man vielen Anderen in ihrem Falle vor-
werfen darf, beging sie nicht: den eigenen Willen der ihrer Obhut
anvertrauten Pflegebefohlenen suchte sie nicht zu brechen.
So hatte auch General Finkenstein, der dem Prinzen, als er in
sein siebentes Jahr ging, von dem nunmehrigen König zum Ober-
hofmeister gegeben wurde, diesem selbst in seiner Jugend einige Jahre
lang in einer ähnlichen Stellung zur Seite gestanden. Er war einer
der seltenen Männer, vor deren Tugend die böse Nachrede zurück-
weicht 2), von stiller Arbeitsamkeit, ein guter Wirth und prächtiger
Bauherr, christlich-fromm und vor allem tapfer. Er hat einst in
Frankreich, wohin er als Kriegsgefangener gerieth, ein paar Jahre
als gemeiner Soldat die Pike getragen und sich dort, in der Fremde.
durch kühne und glückliche Kriegsthaten emporgearbeitet; als Lud-
wig XIV entschieden seine Waffen gegen Deutschland wandte, ist er
zu den heimischen Fahnen zurückgekehrt; hier hat er dann zu dem
Ruhme der preußischen Waffen nicht wenig beigetragen, bei Höchstädt
wetteifernd mit Fürst Leopold, bei Malplaquet hat er in Erstürmung
der französischen Schanzen wohl das Beste gethan. An seinem Bei-
spiel bewährt Friedrich später den Grundsatz, daß nur der zu be-
fehlen verstehe, wer gelernt habe zu gehorchen 3).
Auch den Untergouverneur, den ihm Friedrich Wilhelm beigesellte,
Oberstlicutenant Kalkstein, hatte er in den Niederlanden als einen
tapfern Kriegsmann kennen gelernt. So zuverlässig sie waren, so
hielt der König doch für gut, ihnen einc ausdrückliche Instruction zu
geben, die für ihn selber sehr charakteristisch ausgefallen ist. Er legte
dabei die für seine eigene Erziehung im Jahre 1695 geschriebene zu
Grunde, veränderte sie aber in dem nunmehr in ihm ausgebildeten
Sinne.
Es hatte in ihm schon immer, ich weiß nicht, ob mehr Wider-
willen oder Mitleiden erweckt, daß man den jungen dentschen Fürsten-
1) Sie war Sonsgouvernante unter Frau von Kameke. „Commc elle
ene parle quc Français, elle a appris sa langue aux enfants du roi, qui
la parlent avec la meme facilité qdue la langue Allemande. Pöllnitz,
Lettres I, 35. gl. Erman: Mémoires sur Sophie Charlotte 128.
2) Pauli, Leben großer Helden VIII, 280, auf seine Weise: „wenn unfre
Kirche sich das Recht anmaßte, Heilige zu ernennen, so wlirde Finkenstein die
Hoffnung haben, darunter aufgenommen zu werden.“
3) Qui ne sait obéir, ne saura commander. Art de la guerre
chant I.